15.5.2019
Es bedarf nicht notwendig einer Reise nach Berlin, um Erinnerungen an Phänomene aus den Zeiten des realen Sozialismus wachzurufen. Zwar soll die dortige Ausländerbehörde dem Vernehmen nach der deutsche Spitzenreiter sein, soweit es um techno- und bürokratisches Versagen geht. Doch wer die Rezensionen zur Frankfurter Servicestelle „Rund ums Auto“, ehedem schlicht Kraftfahrzeug-Zulassungsstelle genannt, bei Google gelesen hat, rechnet mit dem Schlimmsten, wappnet sich zwangsläufig mit einer Tagesration Zeit und verordnet sich angesichts drohenden Ungemachs auch innere Gelassenheit, selbst wenn es nur um die Beschaffung eines Ersatz-Dokuments geht.
Bei Ankunft an der Servicestelle um 7:15 Uhr morgens – eine Viertelstunde vor der Öffnung – ist die Schlange der Wartenden geschätzt 100 m lang, und alle paar Sekunden wächst sie um weitere Personen. Die Befürchtungen scheinen sich als realistisch zu erweisen. Als die Türen pünktlich geöffnet werden, wirkt es, als saugten sie die Masse förmlich in das Gebäude hinein. Doch welch Erstaunen – es geht tatsächlich sehr schnell. Die längste Schlange, das stellt sich erst drinnen heraus, ist diejenige derjenigen, die ihr Fahrzeug zulassen möchten; man erkennt sie an den vielen Fahrzeugschildern, die die Wartenden mitgebracht haben. Die müssen dann erst mal vorgeprüft werden, bevor sie eine Nummer bekommen, auf deren Aufruf sie dann mehr oder weniger lang warten müssen. Doch wer „nur“ Ersatz für ein Papier braucht oder besondere Wünsche hat, darf sich an einen Sonderschalter begeben, an dem tatsächlich nicht so viele warten. Und hier geht es sogar noch fixer – wenn alle nötigen Papiere vorhanden sind. Dann wird man zum Geldautomaten geschickt, der aber nur zum Einzahlen da ist, und hat danach flugs das gewünschte Dokument in der Hand. Von wegen Sozialismus! Und der Mann hinterm Tresen war überaus freundlich. Nein, mit DDR oder Berlin hat das nun gar nichts gemein. Trotzdem war ich froh, dass ich die Servicestelle nicht wegen einer Zulassung aufsuchen musste!