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Monat: Januar 2020

20.1.2020

20.1.2020

Spätestens der heutige Gang durch Sachsenhausen anläßlich eines Arztbesuchs hat gezeigt: Frankfurt als Ganzes ist doch nicht so unwirtlich. Im Vorgriff auf eine wegen einer der mittlerweile üblich gewordenen Betriebsstörungen zu erwartende Verzögerung im U-Bahn-Tunnel entfloh ich der Bahn schon am Willy Brandt-Platz und legte den Rest des Wegs bis zum Südbahnhof zu Fuß zurück, bei herrlichem Sonnenschein. Obwohl die Schweizer Straße sehr belebt war – kein Vergleich zu der Enge und Hektik, die die Leipziger Straße so unwirtlich macht!

Und spätestens abseits des Schweizer Platzes kehrten auf den Straßen, gesäumt von herrlichen Gründerzeithäusern, eine besinnliche Stimmung und die Ruhe ein, die ich in Bockenheim vermisse und auch nie finden werde. Die ganze Umgebung wirkt auch nicht so schrecklich verranzt, verwahrlost, verkommen wie die Straßen und Gassen im Westen der Stadt. Vorgärten, in denen Vögel zirpen; beschauliche Gemächlichkeit auf den Gehwegen. Und gleichwohl dicht erschlossen und „mittendrin“. Auch in dem zufällig entdeckten Café, in dem ich das Mittagessen einnahm, Ruhe und Gelassenheit, obwohl gut besetzt; stilvolle Möblierung und aufmerksam-zuverlässige Bedienung. Ich nähme den doppelt so weiten Weg zur Arbeit gern in Kauf…

10.1.2020

10.1.2020

Stellt sich nun die Frage, was das eigentlich heißt – unwirtlich… und was gleichsam als das Gegenteil angesehen werden kann… Unwirtlich ist es jedenfalls nicht, wenn menschlicher Kontakt zustandekommen kann, mögen die äußeren Umstände noch so armselig und unschön erscheinen.

Wirtlich, menschlich, kommunikativ in diesem Sinne sind also Orte, in denen menschliche Nähe möglich ist. Dazu gehört – dem treuen Leser nicht unbekannt – Baders Fisch Deli, weiland einfach Fisch-Bader, in der Leipziger Straße, wo Hinz und Kunz – vor allem letzterer – in traditioneller Weise dem katholisch angesagten Freitagsfisch huldigen und panierten Backfisch mit Remoulade und Salzkartoffeln verzehren können. Das tun tatsächlich vor allem die Angehörigen der Generation vor der meinen, die dort jedenfalls an Freitagen in Scharen ihr Mittagsmahl einnehmen. Da es inzwischen aber auch eine rege Vielfalt mediterran zubereiteter Spezialitäten gibt, zieht es mittlerweile auch mehr und mehr Jüngere dorthin und finde auch ich mich regelmäßig dort ein und habe dann Mühe, überhaupt einen Platz zu finden. Man setzt sich zueinander, und an guten Tagen hört man dem Nachbar auch gern zu, wie er sich über dies und das äußert, mahnt, erinnert, meckert oder einfach nur genießt. Und dann besteht ja Gelegenheit, auch den eigenen Senf dazuzugeben. Bei aller Ungemütlichkeit und Zugluft – der Laden ist auch immer rappelvoll – das ist doch ein Plätzchen zum Verschnaufen, Innehalten, Abstandnehmen – oder eben Schwätzen!

8.1.2020

8.1.2020

In Tagen der Trauer oder in der Erwartung trauerbringender Ereignisse wird es besonders deutlich: Frankfurt ist eine durch und durch unwirtliche Stadt. Trost findet hier niemand, nirgends. Balsam für die Seele? Fehlanzeige.

Ich kenne in dieser Stadt kein einziges Café, in dem man auch nur in aller Ruhe seinen Kaffee trinken könnte. Enge Bestuhlung, ungemütliches Mobiliar, ausschließlich der Ermöglichung von Umsatz gewidmet und dementsprechend karg gestaltet, und in der Regel bahnhofshallenartige Lautstärke verhindern jede Möglichkeit einer Besinnung, eines Innehaltens in angenehmer Atmosphäre. Schön, die Vielfalt des Kaffee- und teilweise auch des Kuchenangebots hat sich enorm gesteigert, wie nicht zuletzt diversen Beiträgen hier entnommen werden kann. Aber der Seele wird nirgends etwas geboten. Das gilt auch für die Stadt ganz allgemein und ihre öffentlichen Plätze und Einrichtungen. Umtriebigkeit, Hektik, Menschenfülle, Achtlosigkeit – sie prägen den Charakter dieser Stadt, nicht hingegen Ruhe und Einkehr. Beim Anblick der öffentlichen Straßen und Plätze – und auch angesichts ihres Zustands, der oft von Müll und Verwahrlosung, jedenfalls aber gestalterischer Lieblosigkeit und Einfalt gekennzeichnet ist – packt einen kaltes Grausen. Und die grünen Lungen der Parks trösten nur im Sommer. Balsam für die Seele nur auf den Friedhöfen? Wie makaber. Wie habe ich es nur so lange hier aushalten können?

3.1.2020

3.1.2020

Um den Jahreswechsel kommen auch immer die Gedanken an das, was einem so bevorstehen könnte im neuen Jahr. Und damit das nicht so ganz dem Zufall überlassen wird, neigt das menschliche Hirn dazu, möglichst unfassend die Gestaltung des Jahres in die Hand zu nehmen – und dazu gehört vor allem die Planung der Urlaube, mittels derer man sich in schöneren Gefilden Erholung sichern möchte.

Auch wenn ich eher spontan entscheide, wann und wohin ich mich zu diesem Zweck begebe, ist es doch mit den Jahren eine Gewohnheit geworden, gewisse Erholungszeiten möglichst rechtzeitig dingfest zu machen, natürlich nur, um nicht womöglich durch Kollegen eingeschränkt zu werden, die das schneller hinkriegen und deren Vertretung dann anstünde. So bin ich auch heute dabei, routiniert im Internet mögliche Reisevorhaben zu erkunden, in Betracht kommende Urlaubszeiträume zu ermitteln, Flüge zu recherchieren, nach günstigen Angeboten für Mietwagen Ausschau zu halten… und ertappe mich jäh bei dem Gedanken, dass ich mich doch gar nicht mehr dem Stress aussetzen wollte, den solche Reisen und die mit ihnen verbundenen Umstände mit sich bringen, vor allem aber, dass ich nicht mehr nur mit dem Finger auf die Vielflieger zeigen, sondern selbst die Konsequenz aus den Erkenntnissen über das der Erde drohende Schicksal ziehen wollte – wozu auch gehört, mich nicht mehr ohne weiteres in ein Flugzeug zu setzen! Wie schnell Gewohnheit und Routine doch solche Vorsätze in den Hintergrund drängen… Also – erst einmal innehalten und nachspüren: Wohin möchte ich, und muss das so weit weg sein?

2.1.2020

2.1.2020

Und wie in jedem Jahr – je nachdem, wie die Feiertage liegen – sind die Tage vor und nach Neujahr nur zum Genießen, es sei denn, man begibt sich in den Strudel des Konsums. Die Bahnen sind weitgehend leer, viele Menschen befinden sich in Urlaub oder haben zumindest frei. Auf den Straßen käme man gut mit dem Auto voran, nur das Radfahren wird durch das Wetter vermiest. Auch wie in jedem Jahr zeichnet sich die Wetterlage in Frankfurt um diese Zeit durch Feuchtigkeit und Dunkelheit aus.

Doch in den Cafés ist es rammelvoll. Wer – wie ich – dachte, man könne endlich mal in aller Ruhe das Crumble aufsuchen, ohne den dort mittlerweile üblich gewordenen Müttergeschwadern und ihren bläkenden Säuglingen ausgesetzt zu sein, erlebt eine herbe Enttäuschung, Bis auf den letzten Platz ist das Lokal gefüllt, nur fehlen die Kinderwagen nebst Inhalt; die konnte ich in Gegenwart der sie schiebenden Väter auf den Gehwegen ringsum sichten, bevor ich in den bahnhofsgleichen Lärm eintauchte, um dort nolens volens mein Mittagessen einzunehmen. Zumindest das unterscheidet also die Tage vom Normalfall – die Mütter können ihren Kaffee mal unter sich schlürfen…

1.1.2020

1.1.2020

Jedes Jahr das Gleiche. Am Neujahrsmorgen türmt sich der Müll, den die Böllerei hinterlassen hat, auf Straßen, Plätzen und vor allem den Gehwegen. Im Grunde eine Unverschämtheit; sonst wird ja peinlichst darauf geachtet, dass nur ein jeder den Dreck wegmacht, den er hinterlässt, und Hundebesitzer, die den Kackhaufen ihres Vierbeiners nicht schleunigst in den netten mitgebrachten Plastiksäckchen auf- und mitnehmen, sind regelmäßig – zu Recht – gravierendsten Anfeindungen ausgesetzt. Doch knallen kann jede Knalltüte, wie sie will, und muss den dabei entstehenden Unrat noch nicht einmal entsorgen.

Zum Ausdruck kommt darin die Mentalität, die diese Gesellschaft prägt und der augenscheinlich auch noch so erfolgreiche Fridays-Demonstrationen nicht im Ansatz Paroli bieten, geschweige denn den Garaus machen können. Den Dreck machen andere weg, die dafür ja bezahlt werden; und dass das Tage dauert – wen kümmert’s. Hauptsache, man kann einfach Spaßhaben und tun und lassen, was man will. Wie hier, so auf Autobahnen, beim Fliegen, auf der Grillwiese, bei allen möglichen anderen Anlässen. Das egozentrische Weltbild kennt keine Grenzen für die ungezügelte Entfaltung des Individuums (Freiheit ist immer die eigene, vorbehaltlos) und kein Maßhalten. Oh, schon wieder dieses Stichwort. Aber evangelische Prüderie meine ich damit nicht. Das Großhirn ist dazu da, dass es auch ab und zu einmal eingesetzt wird! Sonst unterscheiden wir uns nicht vom Tierreich.