22.1.2021
Da haben wir sie wieder, die gestern erwähnte Selbstüberschätzung. Und wenn es schon mit der Kontrolle oder der Sicherheit hapert, dann greift der Mensch doch gern zu einem altbewährten Mittel, den Kopf in den Sand zu stecken: dem Wunschdenken und der Schönfärberei. Auch wenn dem das Motiv zugrunde liegen mag, den übrigen Menschen Hoffnung zu geben – die Hilflosigkeit kann dadurch nicht kaschiert werden.
Niemand anders als der Leiter des Bundeskanzleramts verstieg sich heute zu der Behauptung, wenn wir nur alle schön aufpassten und die Regeln – gemeint sind die Einschränkungen – befolgten, dann werde im Sommer alles wieder normal sein. Wie kommt der gute Mann denn darauf? Es ist doch noch nicht einmal erwiesen, dass die „Regeln“ überhaupt einen Nutzen haben (in Großbritannien etwa hat der totale Lockdown so gut wie keine messbaren positiven Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen). Aber dass wir uns darauf freuen könnten, im Sommer wieder ein normales Alltagsleben (wie früher?) zu führen, das ist bestenfalls eine gewagte Phantasie. Und das ist eher noch eine beschönigende Wendung. Der Mann macht das Falscheste, was man derzeit machen kann. Kleinkinder glauben heutzutage ja auch nicht mehr ans Christkind. Wie fühlt man sich als erwachsener Bürger der Bundesrepublik Deutschland, wenn einer der einflussreichsten Politiker solche naiven Thesen verbreitet?