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Monat: April 2020

30.4.2020

30.4.2020

Heute lag wieder die Monatsausgabe des „Journal Frankfurt“ im Briefkasten, das ja eigentlich aus Sponti-Kreisen stammt und ehedem „Pflasterstrand“ hieß… selige Zeiten! Ja, ich bin Abonnent dieses monatlichen Terminkalenders – mehr ist es nun wirklich nicht mehr, auch wenn sich die Redaktion alle Mühe gibt, durch redaktionelle Beiträge den Anschein von lokaler Berichterstattung zu erwecken. Spätestens mit der effektheischenden Präsentation von Neubauplänen für die Frankfurter Theater im Osthafengelände war insofern aber der Lack gründlich ab: Rem Koolhaas, dem das Blatt diesen Entwurf zuschrieb, um so dem Ganzen die nötige Aufmerksamkeit – und sich selbst eine gewisse Bedeutung – zu verschaffen, war mitnichten der Urheber dieses Plans, und das Ganze entpuppte sich letztlich als üble Meinungs- und Stimmungsmache.

Nun haben wir den allgemeinen Lockdown, der eine taggenaue Übersicht über anstehende Veranstaltungen oder Orte von Interesse, die des Aufsuchens wert sein könnten, gelinde gesagt als nachrangig erscheinen lässt. Das Blatt, soll es sein Erscheinen rechtfertigen, muss trotzdem gefüllt werden. Immerhin, es erscheint in abgespeckter Version. Dennoch sollte sich die Redaktion vielleicht ein wenig mehr einfallen lassen als in derart überbordendem Ausmaß Bilder von Maskenträgern zu publizieren, die letztlich anonym bleiben und deren vermutliches Lächeln unter den Masken man nur ahnen kann. Wenigstens lässt sich der OB in der ganzseitigen Werbeanzeige unserer Heimatstadt mit freiem Gesicht ablichten. Wie war das – hatten wir nicht gute Gründe gegen Vollverschleierung? Dann sollte man aus der aktuellen, epidemiologisch begründeten Not nicht gleich eine publizistische Scheintugend machen.

29.4.2020

29.4.2020

Der Post von vorgestern in der Nachbarschafts-App zieht weitere Kreise. Es wollten offenbar noch einige andere weibliche Nachbarinnen – ja, Männer äußerten sich nicht – zeigen, dass auch sie sich in Sachen Tierliebe – und nur darauf fokussierte sich das „Gespräch“ immer mehr – von niemandem etwas vorhalten lassen müssen. Und am Ende musste ich mich doch tatsächlich fragen lassen, ob ich etwa keine Tiere mag. So weit weg vom Anlass kann ein Gesprächsfaden führen, wenn Blabla und pure Meinung im Vordergrund stehen und keiner genau hinguckt, worum es sich eigentlich dreht.

Da wundere ich mich jetzt über nichts mehr. In Übersee nutzt ja bereits ein Präsident diese wohl zwangsläufige Unschärfe des digitalen Mediums weidlich aus, und nun erfahre ich direkt und unmittelbar aus eigener Betroffenheit, wozu es führen kann, wenn man mal aus seinem Herzen keine Mördergrube macht. Um Himmels willen, jetzt gebe ich ja schon wieder Anlass für spitzfindige, wenngleich oberflächliche Reaktionen… es ist immerhin möglich, dass ab jetzt zurückgeschossen wird, auch wenn ich mir in der App den Hinweis auf den Einsatz eines Luftgewehrs zur Taubenabwehr ja geflissentlich verkniffen habe.

28.4.2020

28.4.2020

Im Frühling, nach der Kirschblüte, tummeln sich permanent scharenweise fette, aber gepflegt aussehende Tauben mit ordentlichem Gefieder im Kirschbaum in meinem Garten, reißen die jungen Triebe massenhaft aus und kacken die Wiese oder auch meinen Gartenstuhl voll. Wenn ich Pech habe, sitze ich auch noch drin und werde zur Zielscheibe des Kots. Widerlich. Und es ist eindeutig: Es handelt sich um Exemplare der örtlich ansässigen Kleintierzüchter, die sich offenkundig nicht an die Vorschriften über die erlaubten Flugzeiten halten. Das ist ohnehin ein schlimmes Hobby, doch so wächst es sich aus zur Zumutung, rücksichtslos. Und die Zuchtobjekte landen ja sowieso im Topf.

Viel schlimmer ist aber noch der Sturm der Entrüstung, der mir entgegenschlägt, seit ich meinen Unmut öffentlich gemacht habe – in einer Nachbarschafts-App, in der Hinz, Kunz und nunmehr auch ich ihren Senf zu diesem und jenem geben. Das habe ich erstmals ausprobiert… Zugegeben, ich habe den Post etwas provokativ überschrieben, aber in der Sache richtete er sich eindeutig gegen die Verursacher des Übels, also die Züchter. Das wollten jedoch zwei Damen nicht wahrhaben, die sich offenkundig mit Haut und Haaren dem Tierschutz verschrieben haben und nun an mir kein gutes Haar lassen, da ich den armen Täublein Unrecht täte. Sogar die Metaphorik in Gestalt der Friedenstaube wird da bemüht, und so mutiert die scheinbar sachliche Äußerung unvermittelt zur moralisierenden Bewertung. Herr, schick Hirn vom Himmel, möchte ich da flehen – aber das ist ja gerade das Problem mit den sozialen Netzwerken: Jede(r) äußert sich zu irgendwas, was sie oder er aber weder richtig gelesen noch verstanden hat. Es geht letztlich nur darum, die eigene vorgefertigte Meinung zu publizieren oder auch gleich mal die moralische Keule zu werfen, mag es nun passen oder nicht.

27.4.2020

27.4.2020

Ja, das war eine lange Zeit des Innehaltens. Doch jetzt fließt es wieder aus der Tastatur. Anlass ist natürlich wieder ein doppelbödiges Erlebnis. Der Wertstoffhof Nord war heute ein weiteres Mal das Ziel – Grünschnitt vom üppig wuchernden Forsythien-Strauch war der Wiederverwertung zuzuführen, wie ein bürokratischer Mensch sagen würde. Auf ähnliche Gedanken brachten das vergangene Wochenende, die Corona-Quarantäne und das tolle Wetter unzählige Gleichgesinnte, sodass sich die Fahrzeugkolonnen auf der Straße vor der Entsorgungsstelle in beide Richtungen hunderte Meter weit aufstauten. Ein Wunder, dass die dort heimischen LKW – ja, es ist ein Gewerbegebiet! – sich überhaupt noch auf ihrem Weg zur Autobahn-Anschlussstelle durchquetschen konnten. Was die Frage provoziert: Hätte ein vorsorgender und vorausdenkender Planer das nicht besser gestalten können, mit einer großzügigen Abbiegespur, einer großzügig bemessenen Staufläche auf dem Entorgungsgelände anstatt vor diesem? Die Antwort: Wir befinden uns nicht in der modernen Welt, sondern in Frankfurt.

Zur Belohnung für die fast einstündige Geduld ging es dann auf Erkundung durch die Ortsmitte von Kalbach, wo – man staune – gleich zwei Bäckereien, ein Blumenladen und eine Metzgerei anzutreffen sind! Außerdem auch noch ein Hermes-Paketshop, verbunden mit einem italienischen Feinkost- und Obstgeschäft. Für eine der Backstuben wirbt ein großes Schild an der Umfahrungsstraße, traditionelle Holzofenbäckerei. Das Brot ist in der Tat ein knuspriger Genuss, die Brötchen sind normale Kost, ebenso die Kuchen. Aber warum immer kulinarische Delikatessen erwarten… es ist doch schon nachgerade eine Sensation, dass es in so einem Vorort überhaupt noch solche Betriebe gibt!