30.4.2020
Heute lag wieder die Monatsausgabe des „Journal Frankfurt“ im Briefkasten, das ja eigentlich aus Sponti-Kreisen stammt und ehedem „Pflasterstrand“ hieß… selige Zeiten! Ja, ich bin Abonnent dieses monatlichen Terminkalenders – mehr ist es nun wirklich nicht mehr, auch wenn sich die Redaktion alle Mühe gibt, durch redaktionelle Beiträge den Anschein von lokaler Berichterstattung zu erwecken. Spätestens mit der effektheischenden Präsentation von Neubauplänen für die Frankfurter Theater im Osthafengelände war insofern aber der Lack gründlich ab: Rem Koolhaas, dem das Blatt diesen Entwurf zuschrieb, um so dem Ganzen die nötige Aufmerksamkeit – und sich selbst eine gewisse Bedeutung – zu verschaffen, war mitnichten der Urheber dieses Plans, und das Ganze entpuppte sich letztlich als üble Meinungs- und Stimmungsmache.
Nun haben wir den allgemeinen Lockdown, der eine taggenaue Übersicht über anstehende Veranstaltungen oder Orte von Interesse, die des Aufsuchens wert sein könnten, gelinde gesagt als nachrangig erscheinen lässt. Das Blatt, soll es sein Erscheinen rechtfertigen, muss trotzdem gefüllt werden. Immerhin, es erscheint in abgespeckter Version. Dennoch sollte sich die Redaktion vielleicht ein wenig mehr einfallen lassen als in derart überbordendem Ausmaß Bilder von Maskenträgern zu publizieren, die letztlich anonym bleiben und deren vermutliches Lächeln unter den Masken man nur ahnen kann. Wenigstens lässt sich der OB in der ganzseitigen Werbeanzeige unserer Heimatstadt mit freiem Gesicht ablichten. Wie war das – hatten wir nicht gute Gründe gegen Vollverschleierung? Dann sollte man aus der aktuellen, epidemiologisch begründeten Not nicht gleich eine publizistische Scheintugend machen.