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Monat: Mai 2025

Dein Hirn, das unbekannte Wesen

Dein Hirn, das unbekannte Wesen

Fußballfans werfen Papierkugeln und eine Fahnenstange auf Spieler und Linienrichter; Fotografien der dem gerade gekürten, den Versammelten jedoch völlig unbekannten Papst zujubelnden Menschenmenge zeigen hemmungslos weinende Frauen, und im Bundestag ergötzen sich die Abgeordneten der AfD mit ihren sorgsam einstudierten permanenten Pöbeleien am Krawallmachen – in all diesen Szenen offenbart sich, dass es mit der Evolution des menschlichen Geistes nicht so weit her ist. Jahrmillionen nach dem Aussterben der Dinosaurier hat es das menschliche Hirn offenkundig nicht weit gebracht. Oder sollte man besser sagen: Immer noch haben die Menschheit und ihr Zentralorgan des Nervensystems nicht begriffen, dass wir nicht mehr hoffnungslos dem Mechanismus von Flucht oder Kampf folgen müssen, wenn wir überleben wollen, sondern dass wir mit einem Großhirn ausgestattet sind, dessen Potenzial unermesslich ist!

Die Menschheit nutzt es nur nicht. Das limbische System, in dem all die beispielhaft genannten Verhaltensweisen wurzeln, hat nach wie vor die Oberhand und bestimmt sowohl die individuellen wie auch die kollektiven psychischen Faktoren, die dann in unser Handeln münden. Krawallmachen kann nur dann als sinnvolles politisches Handeln angesehen werden, wenn es bei den Zuschauenden potenziell auf Sympathie stößt; wenn es solche gibt, die das gutheißen, und sei es nur deshalb, weil die Krawallmacher sich etwas trauen, was die Gutheißenden sich verkneifen, und es den „anderen“ mal so richtig zeigen. Genauso die Ultras im Stadion, die zur Selbstbestätigung die Sau rauslassen und dafür eben ein Stadion als Arena missbrauchen. Und sind die Tränen aus schmerzverzerrtem Gesicht vor dem Papst nicht doch eher Symbol für eine heftige Projektion denn Ausdruck des Glaubens? In all diesen Situationen steht das Großhirn, letztlich die Vernunft im Abseits. Wer Ausschau halten möchte nach den Gründen, aus denen so vieles in dieser Welt schief läuft, wird hier fündig. „Oh Herr, schick Hirn vom Himmel!“, hieß es früher. Anders wird ein Schuh draus: „Oh Mensch, du hast ein Großhirn – nutze es!“

Wie immer…

Wie immer…

Nach der Einigung der künftigen Koalitionäre in Sachfragen, die an vielen Stellen freilich mehr zu einem Offenhalten von Themen statt zu konkreten Sachaussagen führte, und der letztendlichen Billigung der Koalitionsvereinbarung in der Mitgliederbefragung der SPD präsentieren die Parteien nun ihr Personaltableau. Was wir schon ahnten: Es bleibt doch eher alles, wie es schon immer war…

Gemeinsamer Nenner aller bisher bekannt gewordenen Personalvorschläge: Es geht wieder mal weniger um die Sache als vielmehr um die Parteiarithmetik. Ja, sogenannte Volksparteien bündeln viele unterschiedliche Meinungsströmungen, und sie alle wollen befriedigt werden, damit es nicht zum Knatsch kommt. Nur so ist es zu erklären, dass sich niemals wirklich profunde Kenner und Kennerinnen der jeweiligen Materie auf den entsprechenden Minister-Posten einfinden. Oder mag jemand behaupten, dass etwa ein Herr Dobrindt die fachlichen Anforderungen an einen Innenminister aufs Beste erfüllt (ach nein, der Grundsatz der Bestenauslese gilt ja nur für das Berufsbeamtentum)?! Das galt freilich schon für frühere Besetzungen dieses Postens, und nach meiner Erinnerung war Gerhart Baum von der FDP der letzte in dieser Reihe, dem man die Eignung fürs Amt nun wirklich nicht absprechen konnte. Ein seltener Glücksfall. Ein solcher hätte auch dem neuen Kabinett winken können, doch zog die SPD es – wie schon gesagt: offenkundig allein aus Gründen der Parteiarithmetik – nun vor, ihren Parteivorsitzenden höchstselbst in das Finanzministerium zu katapultieren, wo infolgedessen der (seit langer, langer Zeit endlich mal wieder) fachlich kompetente Interimsminister Kukies den Posten räumen muss. Mal sehen, welches Gnadenbrot ihm zugedacht werden wird. Ach ja – und was qualifiziert Herrn Klingbeil für dieses Amt außer dem Umstand, dass dem Parteivorsitzenden ein gewichtiges Ministerium zugedacht werden musste, wenn schon die wirklich wichtigen Ministerien allesamt dem Unionslager zugeschlagen wurden? Wer, bitte schön, hat da Federn lassen müssen?