Browsed by
Monat: August 2025

Ohne Recht ist alles nix

Ohne Recht ist alles nix

Den Mut, der den Frankfurter Damen fehlte, brachte in Ludwigshafen ein Gremium auf, dessen Aufgabe ebenfalls höchst politischen Charakters ist, der dabei aber in gleicher Weise wie andere politische Funktionsträger das Recht nicht nur zu beachten hat, sondern aktiv durchsetzen muss. Der zur Durchführung der dortigen Oberbürgermeisterwahl gebildete Wahlprüfungsausschuss befindet unter anderem über die Zulassung der Personen zur Wahl, die dieses Amt anstreben, und im Rahmen dieser Aufgabe verweigerte er dem Kandidaten der AFD die Möglichkeit, an der Wahl teilzunehmen. Eine mutige, aber vor allem ausschließlich am Recht orientierte Entscheidung, fordern doch die gesetzlichen Vorschriften in Rheinland-Pfalz ausdrücklich, von den Kandidaten müsse ein jederzeitiges aktives Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung erwartet werden können. Dies sah der Ausschuss in der Person des von der AFD gekürten Kandidaten aus umfangreichen und wohlabgewogene Gründen nicht als gewährleistet an; eine Entscheidung, die mittlerweile in zwei Gerichtsinstanzen nicht als beanstandenswert erschien.

Prompt meldet sich freilich ein durchaus prominenter ehemaliger Politiker der Grünen (nunmehr immerhin noch als Dozent an der hessischen Polizeihochschule für die Heranbildung des Polizeinachwuchses verantwortlich) und kritisiert in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung die Entscheidung des Ausschusses als politisch verfehlt – man müsse die AFD politisch bekämpfen. Mit Verlaub: Dieser Mann hat nicht verstanden, dass rechtliche Normen nach rechtlichen und eben nicht politischen Grundsätzen ausgelegt und angewendet werden müssen. Die Beurteilung, ob jemand die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche Demokratie einzutreten, ist, da die Voraussetzung gesetzlich normiert ist, eine rein rechtliche; sie darf zwar tatsächliche Umstände aus dem politischen Alltag zur Grundlage nehmen, muss im Übrigen aber in der Anwendung ausschließlich rechtlicher Maßstäbe bestehen. Und wer nach diesen Maßstäben aus der möglichen Kandidatur rausfliegt, darf auch nie und nimmer Oberbürgermeister werden können, egal, ob man den Rauswurf für politisch verfehlt halten kann oder nicht. Diese Frage stellt sich einfach nicht, genauso wenig wie der Frankfurter Baudezernentin in ihrer amtlichen Funktion ein (politischer) Ermessensspielraum zusteht, für Hausbesetzungen Verständnis zu haben. Demokratie kann nur bestehen, wenn das Rechtsstaatsprinzip seine volle Kraft entfaltet – was geschieht, wenn Recht nicht durchgesetzt wird, sehen wir derzeit in aller Härte jenseits des Atlantiks.

Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt

Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt

Was die im letzten Beitrag erwähnten Damen angerichtet haben, kann nun ausgiebig der mittlerweile umfangreichen Presseberichterstattung entnommen werden. Zum einen soll zwar die Stadt den Veranstaltern des „Camps“ im Grüneburgpark zuvor angeboten haben, ihren Diskurs anderenorts stattfinden zu lassen; unter anderem sei das Rebstock-Gelände in Betracht gekommen, wo immerhin jährlich etwa das afrikanische Kulturfestival ausgerichtet wird und vor Jahren bereits andere namhafte politische Kundgebungen wie zum Beispiel „Rock gegen Rechts“ stattfanden. Während also für andere Ausrichter dieser Platz offenkundig für ihre Zwecke geeignet erschien, war die Anspruchshaltung der System-Changer eine etwas größere und sie beharrten darauf, die Zelte im Grüneburgpark zu errichten – und die Stadt nahm es hin. Dass man sich fragen kann, ob die Willfährigkeit wohl die gleiche gewesen wäre, hätte die AFD-Jugend ein Camp aufbauen wollen, mag dahinstehen – ganz unabhängig davon liegt die originäre Verantwortung für die Zulassung einer Nutzung öffentlichen Raums immer noch bei den städtischen Behörden und eben nicht bei den Veranstaltern. Und wenn die Ordnungsdezernentin gebetsmühlenartig darauf hinweist, ihr seien die Hände gebunden gewesen, offenbart dies nur erneut das Fehlen von Mut, auch mal standhaft zu bleiben und die Sache notfalls vor Gericht auszutragen.

Einen noch viel größeren Schlamassel rief indes die kompetente Baudezernentin mit ihrer langjährigen Duldung rechtswidriger Hausbesetzungen hervor, für die sie ausdrücklich immer wieder „Verständnis“ äußerte. Natürlich war schon vorher klar, dass die freundliche Anfrage der Stadt an die Besetzer, ob sie nicht doch das Gebäude wieder freimachen möchten – zu der Frau Weber sich erst durch den Oberbürgermeister höchstselbst drängen lassen musste -, erfolglos bleiben würde. Nun stehen tatsächlich Polizeiaktionen mit dem entsprechenden Krawall im Raum, zu denen es nicht hätte kommen müssen, wenn das zuständige Dezernat der Stadt die Liegenschaft – ebenso wie vergleichbare andere – nicht jahrelang hätte leerstehen lassen und Frau Dezernentin nicht durch ihre wohlwollende, in der Presse mehrfach bekundete Haltung geradezu dazu ermuntert hätte, sich des Gebäudes zu bemächtigen. Natürlich nicht für Wohnzwecke, sondern erneut zum „Diskurs“. Ach ja, Hausbesetzungen hatten schon einmal andere Ziele…

Drei Damen vom Grill…

Drei Damen vom Grill…

Wohin es führen kann, wenn – wie in Deutschland üblich – politische Leitungsfunktionen nicht mit Fachleuten, sondern mit von den Parteien benannten Feierabendpolitiker(inne)n besetzt werden, kann man derzeit besonders krass in Frankfurt sehen. Da gibt es eine Ordnungsdezernentin (die eben die Verantwortung dafür trägt, dass in der Stadt alles nach Recht und Gesetz zugeht) und eine Umweltdezernentin (die unter anderem für den wirksamen Schutz städtischen Grüns verantwortlich ist), die sich außerstande sehen, den Grüneburgpark – immerhin eine der größten und wichtigsten städtischen Grünanlagen – vor einem zwei Wochen dauernden Belagerungszustand durch eine Ansammlung von Zelten und sanitären Zusatzeinrichtungen sowie Grenzzäunen zum Schutz spielender Kinder zu bewahren, die den Bürgern der Stadt die entsprechende Nutzung dieses Parks nicht nur unmöglich, sondern schlicht unerträglich machen. Abgesehen davon wird in dem „Diskursraum“ innerhalb des „Grenzzauns“ fleißig dem Antisemitismus gefrönt. Man habe aber, so die beiden Damen, rechtlich keine Möglichkeit gesehen, die „Versammlung“ zu unterbinden, an einen anderen Ort zu verlegen oder auch nur unter Auflagen zu genehmigen. Allerdings weiß schon jeder Jura-Student, der im dritten Semester seinen „kleinen Schein“ machen möchte, dass das Grundrecht der Versammlungsfreiheit eben nur das bloße Sich-Versammeln unter Schutz stellt. Die Installation von Zelten und eine dementsprechende Inanspruchnahme städtischer Grünflächen oder die Notwendigkeit einer räumlichen Abgrenzung von Spielplätzen durch Metallzäune kann hingegen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine schützenswerte Ausübung der Versammlungsfreiheit darstellen; es handelt sich vielmehr – findet dies im öffentlichen Raum statt – um eine sogenannte Sondernutzung, die in jedem Fall sogar der vorherigen Genehmigung durch die zuständigen Behörden bedarf. Und das sollte den politisch verantwortlichen Dezernentinnen – eine von ihnen zudem dem Vernehmen nach ausgebildete Juristin – nicht bekannt sein?! Eine abenteuerliche Vorstellung, sodass man sich schon fragen darf, ob hier nicht politische Entscheidungen im Raum stehen, mit denen man wissentlich das Recht ignoriert.

Letzteres gilt ohne jeden Zweifel hingegen für die dritte Feierabendpolitikerin als Dezernentin, deren sich der Frankfurter Magistrat rühmen kann. Die Baudezernentin, zu deren Zuständigkeitsbereich bislang auch die Verwaltung städtischer Liegenschaften gehörte, hat in der Vergangenheit nicht nur immer wieder (politisch) Verständnis gezeigt, wenn mal wieder ein der Stadt gehörendes leerstehendes Gebäude „besetzt“ wurde – eine eindeutig rechtswidrige Handlung -, sondern auch (rechtlich) auf jegliche Sanktion, insbesondere die rechtlich gebotene unmittelbare Räumung des Gebäudes verzichtet. Allein ein schlechtes Gewissen, dass die Stadt offensichtlich nicht in der Lage ist, ihr aus gutem Grund von den baurechtlichen Bestimmungen eingeräumte Vorkaufsrechte nicht nur auszuüben, sondern den Zweck dieser Vorkaufsrechte dann auch tatsächlich zu verwirklichen: angemessenen Wohnraum sicherzustellen, um Spekulationen entgegenzuwirken, kann dies ja wohl nicht rechtfertigen. Anstatt auf die Idee zu kommen, die städtischen Stellen nachhaltig (ggf. durch eine Neuorganisation) in die Lage zu versetzen, sachgerecht mit den erworbenen Liegenschaften umzugehen statt sie leerstehen und verrotten zu lassen, werden Rechtsbrechern Tür und Tor geöffnet – schlimmer kann Politik nicht versagen. Das hat nun endlich auch der Oberbürgermeister eingesehen und seiner Parteifreundin die Zuständigkeit für die Verwaltung der städtischen Liegenschaften entzogen; ein zaghafter erster Schritt, bei dem es allerdings nicht bleiben kann. In die Armut müssten die genannten drei Dezernentinnen selbst dann nicht geraten, wenn sie – was rechtlich jedenfalls nicht unzulässig wäre – allesamt postwendend in den Ruhestand versetzt werden würden – wer erinnert sich nicht an Brigitte Mira mit ihren beiden Kolleginnen aus der beliebten Vorabendserie seliger Zeiten, die mit großem Erfolg eine Imbissbude betrieben? Dabei ließe sich auch ohne jede nachteilige Folge für die Stadtbevölkerung dem Verständnis für jedweden Rechtsbruch huldigen…