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Monat: Februar 2025

Wunsch und Wirklichkeit

Wunsch und Wirklichkeit

Ein zaghaftes Rauschen war an Tag 1 nach der Bundestagswahl im Blätterwald zu vernehmen – ob sich der noch einige Wochen amtierende Bundestag womöglich doch noch zu einem letzten Kraftakt werde aufraffen können, um eine gesetzliche Regelung zur Sicherstellung von Deutschlands Verteidigungsfähigkeit zu beschließen? Angeblich erwogen insbesondere Vertreter der Unionsparteien eine entsprechende Initiative und seien zu konstruktiven Gesprächen mit den anderen Fraktionen bereit. Man mochte sich verdutzt die Augen reiben angesichts der Inflexibilität aller Fraktionen vor der Wahl; doch dies hätte es in sich: Dem Bundestag auf seine alten Tage echtes politisches Leben einzuhauchen und mit taktischem Geschick die Weichen dafür zu stellen, dass den allemal notwendigen verteidigungspolitischen Maßnahmen künftig nicht die Sperr-Minderheiten im neuen Bundestag entgegenstehen, wäre nichts weniger als die lange vermisste Botschaft an die Menschen in Deutschland: Wir haben verstanden! Wir kümmern uns um Eure Interessen, um Deutschland, und dazu gehört derzeit angesichts der Umstände in der Welt nun einmal zuallererst die Gewährleistung der äußeren Sicherheit. Und im Interesse der Sache halten wir nicht mehr an fraktionsbezogenen Egoismen und rein emotionsgelenkter Politik fest, sondern versuchen uns gemeinsam auf ein Minimum dessen zu einigen, was sachlich geboten erscheint und von der Mehrheit der Abgeordneten einvernehmlich getragen werden kann. Das wäre ein Signal – und der erste Schritt, den Populisten das Wasser abzugraben.

In der Realität wird all dies wohl nur ein Traum bleiben. Ob in der CDU/CSU-Fraktion tatsächlich derartiges überlegt wird, wurde bisher nicht amtlich bestätigt. Die SPD nimmt Merz immer noch sein Vorgehen übel, sich von der AFD unterstützen zu lassen. Die Grünen, soweit sie sich dazu äußern, wollen trotzig nur ein Gesamtpaket beschließen, das auf eine umfassende Reform der Schuldenbremse hinausliefe und das schon zuvor eben gerade nicht mehrheitsfähig war. Das Festklammern in der Schmollecke oder an Wunschvorstellungen zeigt nur, dass diese Politiker das Besondere an der gegebenen Situation nicht begriffen haben: Wegen der Unmöglichkeit, zu einer Gesamtlösung in diesen komplexen Fragen zu kommen, scheiterte letztlich die vormalige Regierungskoalition. Und das soll jetzt, in den allerletzten Wochen der Amtszeit des Bundestags, dann doch wieder auf den Verhandlungstisch? Krasser kann man die Realität nicht verfehlen. So wird es vermutlich nicht gelingen können, in einer gerade jetzt zentralen, für die Zukunft der Bundesrepublik entscheidenden Problemlage pragmatisch zu einer Lösung zu kommen, die zugleich die Handlungsfähigkeit der parlamentarischen Demokratie aufs Trefflichste unter Beweis stellte.

„Zeitenwende“ im Kaleidoskop

„Zeitenwende“ im Kaleidoskop

Drei Jahre sind seit der Übernahme dieses Worts in die Alltagssprache vergangen. In der Realität hat sich jedoch wenig getan. Nun hat der vergangene Sonntag auch so etwas wie eine Zeitenwende in der Realität der Wahlen zum Deutschen Bundestag gebracht.

Es wird Zeit, dies kritisch zu begleiten. Der Journalismus erfüllt diese Aufgabe nur unzureichend. Viel zu oft wird nur mit altbekannten Worthülsen und in hergebrachten Schablonen berichtet und kommentiert. Dem gesellschaftlichen und geopolitischen Wandel, der auch zu einer anderen Sichtweise auf viele Probleme und zu einer anderen journalistischen Aufbereitung führen müsste, wird dadurch nicht Rechnung getragen. Es bedarf zusätzlich anderer Medien, um einen Versuch zu starten, Gedanken zu den Themen unserer Zeit öffentlich zur Debatte zu stellen. Ein Ort dafür soll von nun an auch das Kaleidoskop sein.