23.10.2020
Nicht nur das Rebstockbad harrt seines Abrisses – das ehemalige „Schwarze Viertel“ in Heddernheim (genauer: das Gebäude, in dem sich früher diese Äppelwoi-Wirtschaft befand; sie war ja schon seit langem geschlossen) hat ihn schon hinter sich, ebenso wie auf dem anderen Nidda-Ufer der „Drosselbart“ in Eschersheim. Als ich heute in der Römerstadt spazierenging, war alles weg – außer dem Bauzaun, der das leergeräumte Grundstück verbirgt. Nach und nach verschwinden Zentren der Geselligkeit. Die war zwar im Schwarzen Viertel deutlich geringer ausgeprägt als im Drosselbart (und auch schon deutlich länger ausgelöscht); dennoch – die Kerne der Stadtteile verlieren nach und nach ihre Lebendigkeit, einen Teil ihrer Identität.
Natürlich wird die Bebauung verdichtet; das bedeutet jedoch nicht, dass der Stadtteil dadurch lebenswerter wird. In Eschersheim wird ein steriler Mehrfamilienkasten der Marke Überall an der Stelle errichtet, wo zuvor die Gäste im Schatten dreier herrlicher alter Kastanien speisen und trinken konnten. In Heddernheim findet die Bausünde eine Fortsetzung, durch die bereits der Beginn der Straße „In der Römerstadt“ vor mehr als 10 Jahren verschandelt wurde. Schlichte, aber dicht gedrängte Einfamilienhäuser Marke Fertigbaumarkt ersetzen die alte, zur Straßenlinie hin ausgerichtete Architektur; Klinkerfassaden, in Heddernheim alles andere als ortsüblich und standortgerecht, sollen dem ganzen eine Butzen-Heimeligkeit verleihen, damit die vorrangig angesprochenen Kleinfamilien sich möglichst bald zum Kauf entschließen, der nach Fertigstellung wegen Klaustrophobiegefahr eventuell gefährdet erscheinen könnte. Das wird bestimmt klappen, nennt sich das ganze Projekt doch „Huckleberry“. Was der arme Mark Twain mit Heddernheimer Bauprojekten zu tun hat, erschließt sich mir nicht; und es wird auch gar keinen Zaun geben, den ein künftiger Tom Sawyer bemalen könnte…