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Schlagwort: Freiburg

30.8.2019

30.8.2019

In Frankfurt, so hat es den Eindruck, muss alles größer, besonders, ganz speziell, eben einmalig sein. So eine Altstadt wie hier gibt es nirgendwo sonst; das Bahnhofsviertel ist das Tollste und Lebenswerteste aller Bahnhofsviertel; Europa-League ohne die Eintracht geht gar nicht und die Fans sind sowieso das Beste, was Deutschland auf diesem Sektor zu bieten hat. Egal, wie Fußball gespielt wird, der Gang ins Stadion lohnt schon wegen der Stimmung, die die Fans machen, und zwar völlig unabhängig von der Qualität dessen, was auf dem Rasen geboten wird. Frankfurt – Stadt des Hypes.

Jetzt ist noch eine weitere Dimension dazugekommen: Frankfurt wird zur Fahrradstadt. Konnte man heute jedenfalls den Zeitungen entnehmen – gestern hatte die Fahrrad-Initiative zur Demo auf den Römerberg geladen, um die Beschlussfassung der Stadtverordneten über das Radwegekonzept gebührend zu feiern, das nach Ansicht der Initiatoren dieses Ergebnis haben wird. Da fragt man sich doch wirklich, ob die noch alle Tassen im Schrank haben. Gut, es werden nun, nach langen Einigungsgesprächen, ein paar Fahrradwege neu gebaut, einige lebensgefährliche Engstellen beseitigt und ein paar weitere Fahrradwege aufgemöbelt. Als passionierter Radler begrüße ich das, aber Fahrradstadt??? Das sind doch nur die allernotwendigsten Reparaturen, um ein völlig fehlgeplantes Verkehrssystem langsam mal auf die Füße zu stellen und allen Verkehrsteilnehmern – und nicht nur den Autofahrern – in angemessener Weise zu ihrem Recht zu verhelfen. Die Bezeichnung Fahrradstadt haben Kopenhagen oder vielleicht Freiburg (aber nur bedingt!) verdient, aber bis Frankfurt dahin kommen wird, sind wahrscheinlich alle Wälder vertrocknet. Zum Glück geht es jetzt in die richtige Richtung. Aber wer hat es nötig, so zu übertreiben?

14.2.2019

14.2.2019

Die Fülle des Daseins erleben wir am besten in den Extremen. Ein Termin führte mich heute nach Freiburg, in diese wunderschöne Stadt am Fuß des südlichen Schwarzwalds, die mit einer – freilich (jedenfalls in Teilen) nach dem Krieg wieder aufgebauten – Altstadt aufwarten kann, von der ein Frankfurter nur träumt. Und trotz aller Ruhe und Verträumtheit weist diese Stadt modernes städtisches Flair und Leben auf, natürlich nicht zuletzt wegen der Universität und der dadurch bedingten, aber auf wesentlich kleinere Fläche als in Frankfurt begrenzten Infrastruktur. Den Weg von jener Altstadt zum Bahnhof gestaltete ich bewusst langsam, um die herrliche Stimmung, die sich auch angesichts des Kaiserwetters eingestellt hatte, möglichst lange und in vollen Zügen zu inhalieren.

,In Frankfurt angekommen, folgte ich einem spontanen Impuls und schlenderte durch die Kaiserstraße Richtung Willy-Brandt-Platz. Und hier geschah das Wunder: Ich war mit einem Mal beeindruckt, wie die Architektur der die Straße säumenden Gebäude derjenigen in der Stadt glich, die ich zwei Stunden zuvor verlassen hatte; doch ungleich markanter, wuchtiger, eben großstädtischer mutete sie an. Und nachdem ich den schrecklichen Bahnhofsvorplatz und den Kaisersack hinter mir gelassen hatte, flanierte ich mitten auf der Straße; es war Markttag und ich gönnte mir einen Espresso (was sonst), nicht ohne dem Barista vorher zu lauschen, welche Qualitäten seine beiden Sorten im Angebot entfalteten, der dunkle Robusta-Kaffee und der reinrassige Arabica. Selbstverständlich begehrte er mein Urteil zu wissen, als ich die geleerte Tasse zurückbrachte. Ich schlenderte weiter und kam zu den Anlagen – und mein Herz bebte ob des schier überwältigenden Eindrucks, den die Hochhaus-Silhouette an gerade dieser Stelle bei diesem Wetter vermittelte. Wenn ich die Neue Mainzer Straße, diesen Inbegriff von Hochhaus-Schlucht mit Dauer-Baustellen, einmal außer Acht lasse – ich verspürte keinerlei Wehmut darüber, statt in Freiburg nun wieder in Frankfurt zu sein. Obwohl zu Hundert Prozent im Gegensatz – an beiden Orten ist die Möglichkeit gegeben, sich wohlzufühlen, auf jeweils ganz eigene Art.