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Schlagwort: Moralisierung

28.4.2020

28.4.2020

Im Frühling, nach der Kirschblüte, tummeln sich permanent scharenweise fette, aber gepflegt aussehende Tauben mit ordentlichem Gefieder im Kirschbaum in meinem Garten, reißen die jungen Triebe massenhaft aus und kacken die Wiese oder auch meinen Gartenstuhl voll. Wenn ich Pech habe, sitze ich auch noch drin und werde zur Zielscheibe des Kots. Widerlich. Und es ist eindeutig: Es handelt sich um Exemplare der örtlich ansässigen Kleintierzüchter, die sich offenkundig nicht an die Vorschriften über die erlaubten Flugzeiten halten. Das ist ohnehin ein schlimmes Hobby, doch so wächst es sich aus zur Zumutung, rücksichtslos. Und die Zuchtobjekte landen ja sowieso im Topf.

Viel schlimmer ist aber noch der Sturm der Entrüstung, der mir entgegenschlägt, seit ich meinen Unmut öffentlich gemacht habe – in einer Nachbarschafts-App, in der Hinz, Kunz und nunmehr auch ich ihren Senf zu diesem und jenem geben. Das habe ich erstmals ausprobiert… Zugegeben, ich habe den Post etwas provokativ überschrieben, aber in der Sache richtete er sich eindeutig gegen die Verursacher des Übels, also die Züchter. Das wollten jedoch zwei Damen nicht wahrhaben, die sich offenkundig mit Haut und Haaren dem Tierschutz verschrieben haben und nun an mir kein gutes Haar lassen, da ich den armen Täublein Unrecht täte. Sogar die Metaphorik in Gestalt der Friedenstaube wird da bemüht, und so mutiert die scheinbar sachliche Äußerung unvermittelt zur moralisierenden Bewertung. Herr, schick Hirn vom Himmel, möchte ich da flehen – aber das ist ja gerade das Problem mit den sozialen Netzwerken: Jede(r) äußert sich zu irgendwas, was sie oder er aber weder richtig gelesen noch verstanden hat. Es geht letztlich nur darum, die eigene vorgefertigte Meinung zu publizieren oder auch gleich mal die moralische Keule zu werfen, mag es nun passen oder nicht.