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Schlagwort: Nordwestzentrum

14.7.2019

14.7.2019

Auch in Heddernheim kann von einer Renaissance gesprochen werden. Zum Ende des vergangenen Jahres war der Verlust der Italienischen Bäckerei zu beklagen – mittlerweile sind zwei Einrichtungen im Stadtteil neu eröffnet worden, die dem Schaan und der kleinen Aufbackbäckerei in der Kirchstraße Paroli bieten wollen. Ob sie es können werden, wird sich zeigen. Eins ist jetzt schon klar: An die Qualität, die die italienische Bäckerei bot, werden sie sowieso nicht herankommen.

Komischerweise liegen die beiden Läden jeweils an der Stadtteilgrenze, aber genau entgegengesetzt. Der eine ist die aufgepeppte und durchaus professionell erweiterte Version des vormaligen, ziemlich elend-verschnarchten Kiosks in der Konstantinstraße – aber das verheißungsvolle Angebot, das (neben Fertigprodukten von Heberer, na ja) kurz nach der Eröffnung die Auslagen zierte, ist leider schon wieder auf Standardware zusammengeschmolzen. Verständlich – wo sollen denn die offenbar erhofften Kunden herkommen? Schließlich ist das Nordwestzentrum nicht weit. Am anderen Ende, beim U-Bahnhof Heddernheim, hat seit neuestem in den ehemaligen Räumen eines Antikhändlers eine Brötchenhandlung (es gibt natürlich auch Brot) ihren Platz, eine Kaffeebar ist auch eingerichtet worden. Ja, richtig, Brötchenhandlung – hier wird nicht gebacken, nur angeliefert, und dort, wo die Brötchen herkommen, werden sie auch nur fertiggebacken. Wie das eben heute so ist. Handwerk war einmal. Wenigstens, so der erste Eindruck, gibt es hier Brötchen, die den Namen verdienen und nach etwas schmecken. So richtig glücklich macht auch dieser Laden dennoch nicht. Aber sehen wir doch mal das Positive: Wer sich ketogen und glutenfrei ernähren soll, der hätte es doch viel schwerer, wenn es noch die Italienische Bäckerei gäbe…

10.5.2019

10.5.2019

Im Nordwestzentrum hat jetzt ungefähr der fünfte Pedi- und Maniküre-Laden aufgemacht. Das sind die Läden, die von außen so wirken wie Operationssäle, insbesondere wegen der mit Mundtüchern vermummten Betreiber; nur dass vermutlich die Hygiene nicht so streng kontrolliert wird wie in jenen. Vielleicht sind es auch schon sechs; ich zähle das nicht so genau und habe auch nicht den exakten Überblick. Nur frage ich mich, was das alles in so einem Einkaufszentrum soll. Und dass es wirklich so dringend solcher Läden in dieser Häufung bedarf, müsste auch noch belegt werden.

Jedenfalls hat das Nordwestzentrum – dem ich nun wirklich nicht huldige – schon bessere Tage erlebt. Vor allem in den ersten Jahren nach der aufwendigen Sanierung und Aufhübschung – da stimmte die Zusammensetzung noch. Dann kam die Erweiterung mit dem „Mode-Boulevard“, in dem es vor allem qualmt, stinkt und lärmt. Und jetzt, da schon wieder ein neuer „Boulevard“ hinzukommt, kann man sich über den fünften Bäcker – natürlich auch Kette -, den fünften oder sechsten Friseurladen (vermessen nennt der sich Barber-Shop, obwohl es dort auch weitgehend nur Haarschnitte von der Stange gibt) und eine zweite Apotheke freuen, die direkt im Geschoss unterhalb der ersten angesiedelt ist und deren Notwendigkeit sich mir nun gar nicht erschließt. Auf Decathlon, die dunkle Kaschemme im Obergeschoss, kann man angesichts von Karstadt Sports auch getrost verzichten. Ein Ballon-Geschäft, der dutzendste Handy-Laden komplettieren das Angebot, nicht zu vergessen Woolworth, das seinen Einzug in großen Lettern ankündigt. Das war fast schon zu erwarten, nachdem ja jetzt auch ALDI im Zentrum vertreten ist. Und Rewe ist im dunkelsten Bereich untergebracht und nicht verkehrssicher zu erreichen. Was sich das Management mit diesen ganzen Maßnahmen gedacht hat, bleibt ebenso im Dunkeln. Man kann nur vermuten: Die Klientel, die da überwiegend einkauft, gibt nicht mehr her. Doch was machen die, die Wert auf etwas mehr Qualität legen?

8.4.2019

8.4.2019

Wenn die Reise nach Hamburg führt und dort die U-Bahn benutzt wird, wird dem Mosaik Frankfurter Unzulänglichkeiten ein weiteres Steinchen hinzugefügt. Ja, Reisen bildet, und das Schlimme daran ist, dass man dann so richtig mit der Nase drauf gestoßen wird, was zuhause besser sein könnte.

Die neuesten U-Bahn-Züge der Hamburger Hochbahn schweben nur so auf den Gleisen. Man hört weder Fahrgeräusche noch wird man durch das hierzulande übliche Ruckeln beim Fahren unsanft aus dem Sitz geschleudert. Dieser wiederum offeriert die nötige Breite, um das Gesäß in vollem Umfang daselbst ohne Probleme zu platzieren, und bietet auch noch jede Menge Beinfreiheit; dass es so etwas überhaupt gibt, wagt der Frankfurter Pendler kaum zu glauben, erlebte er es nicht gerade selbst. Die Fahrt, deren Länge etwa der Strecke von der Hauptwache zum Nordwestzentrum entspricht, ist ein einziger Genuss – sogar eine Unterhaltung ist möglich, ungestört von Fahrgeräuschen oder den in Frankfurt ständig nervenden und entsetzlich bläkenden Lautsprecherstimmen, die langatmig Unverständliches ansagen. Offenbar investieren die Hamburger in Qualität. Und ich schreibe von der mittlerweile fünften Generation von Zügen, die ich in Hamburg, seit ich das erste Mal dort war, erleben durfte. Das ist ein kürzerer Zeitraum, als es in Frankfurt überhaupt eine U-Bahn gibt. Doch da hat die VGF es mit großer Mühe ächzend geschafft, in vierter Generation die derzeit fahrenden Kisten bei Bombardier zu bestellen und wenigstens mal für ein einheitliches Modell zu sorgen; immerhin, nachdem jahrelang offenbar die Connections zur DueWag befriedigt werden mussten, die schon die ollen Straßenbahnen baute. Aber eben keine Stadtbahn. Man darf gespannt sein, ob die Verantwortlichen irgendwann einmal eine Besichtigungstour dahin machen, wo man weiß, was U-Bahn heißt.

8.3.2019

8.3.2019

Es ist Freitag, früher Abend, und das Wochenende naht. Freitag Abend war für mich immer der Tag, an dem schon Wochenend-Gefühle sich einstellten. Das scheint auch für andere zu gelten.

Auf dem Weg von der Hauptwache Richtung Ginnheim leert sich die U-Bahn nicht kontinuierlich, wie sonst; nein, es steigen auch immer wieder neue Fahrgäste zu, vor allem jüngeren Alters, männlich wie weiblich, meist in Gruppen, und alle etwas „aufgebretzelt“. Und auch eingeduftet. Insbesondere die jüngeren Herren tragen heutzutage ziemlich heftig Duft. Riecht aber gar nicht schlecht. Meistens jedenfalls; Ausrutscher gibt’s ja immer. Im Nordwestzentrum entlässt dann die Bahn ihre geballte Ladung an Freizeit-Passagieren, die den Abend offenkundig an selbiger Stelle verbringen wollen. Das ehemalige Jugendzentrum hinter der Stadtbücherei ist ja meines Wissens schon lange geschlossen – wo also vertreiben die sich die Zeit? Wird im Zentrum gebummelt, so wie ich das vor Jahren anlässlich eines „Night-Shoppings“ zu irgendeinem NWZ-Jubiläum mal erlebte, als das Zentrum schier barst wegen der vielen Jungs, die in Disko-Glitzer ihre Bräute ausführten, aber einfach nur hin- und herliefen? Wie auch immer – die werden ja wohl nicht nur dahinfahren, um sich bei ALDI mit Flüssigkeit zu versorgen…

6.2.2019

6.2.2019

Im vergangenen Jahr feierte das Nordwestzentrum sein 50jähriges Bestehen. Es ist nicht annähernd mehr mit dem zu vergleichen, was 1968 da eröffnet wurde. Die nackten, grauen Waschbetonwände der Gebäude erhielten ein Facelifting mit hellen Steinplatten, und man steht nicht mehr so im Wind, der früher gnadenlos durch die Häuserzeilen peitschte, weil das Zentrum seit den neunziger Jahren weitgehend überdacht ist. Vor allem hat sich die Zahl der Läden vervielfacht und damit in gleicher Weise diejenige derer, die dort einkaufen oder welchen Vergnügungen auch sonst immer nachgehen.

So belebt nun das Nordwestzentrum infolge all dieser Umgestaltungen ist, so tot fühlt sich der benachbarte Heddernheimer Ortskern an. Sicher, die Nordweststädter sind da noch nie zum Bummeln hingegangen. Aber noch in den 70er, 80er Jahren war das von der Heddernheimer Landstraße und der Nassauer-/Kirchstraße gebildete Straßenkreuz ein urbaner Mittelpunkt. Es gab noch vielfältigen Einzelhandel mit entsprechendem Publikumsverkehr der Einheimischen, einschließlich der so gegebenen Möglichkeiten, Bekannte zu treffen und mit ihnen ein Schwätzchen zu halten. Das hat sich radikal verändert. Zwar bieten mehrere Pizzerien und Döner-Läden sowie ein permanent kundenloser Tandoori-Inder-Pakistani neben den beiden Aufback-Bäckereien zumindest leibliche Nahrung. Eine Müsli-Manufaktur ist hinzugekommen, die aber nur freitags am Nachmittag kurzzeitig geöffnet hat. Und ein Weltwunder stellt die Chimaira-Buchhandlung dar, die es geschafft hat, schon mehrere Jahre dort zu überleben, wo fast niemand mehr flaniert. Die Gemüseläden, in denen man noch bedient wurde, sind allerdings verschwunden. Allerdings bietet Avereinse, der portugiesische Supermarkt, seit einigen Jahren die Möglichkeit, in heimischer Umgebung Reminiszenzen an sonnige Urlaubszeiten aufkommen zu lassen. Erstaunlich, wieviele Portugiesen in Frankfurt leben; an Samstagen hört man im Laden kein deutsches Wort. Also, die Struktur ist da – aber die Ruhe, die tagsüber herrscht, wirkt gespenstisch.

1.2.2019

1.2.2019

Das Kaleidoskop zieht Zwischenbilanz – seit einem Monat ein Beitrag für jeden Tag. Da kommen schon manchmal Ermüdungserscheinungen auf oder ein Beitrag wird am anderen Tag nachgeholt, weil keine Zeit fürs Schreiben war. Aber bislang ist keine Lücke entstanden. Eine tägliche Begleitung und Fokussierung auf Momente.

Heute ist das Klima dran. Nicht das Weltklima, sondern das Frankfurter Wetter. Genauer genommen die Erkenntnis, dass es das Frankfurter Wetter nicht gibt. Ich lebe in einer Großstadt, und das merke ich auch daran, dass ich mich bei grauestem Himmel und ein paar Tropfen von oben von der Arbeit auf den Weg nach Hause mache, sich während der Fahrt indes nicht nur meine Stimmung, sondern vor allem auch der Himmel aufhellt und es scheint, als grüßte der Frühling. Denn bläulich lächelt die Sonne durch den noch verbliebenen, hauchdünnen Wolkenschleier über dem Nordwestzentrum und verbreitet pastöses Licht, während am Horizont nicht nur der Feldberg, sondern sogar blauer Himmel das Panorama einrahmen. Ja, wenn es in Bockenheim gewittert und Sturzbäche vom Himmel runterkommen, kann in Heddernheim die Sonne strahlen. Wie oft bin ich schon auf dem Heimweg mit dem Rad nach Ginnheim zur Schutz verheißenden U-Bahn gehetzt, nur um unterwegs eines Besseren belehrt zu werden, sodass ich die Fahrt auf dem Rad fortsetzen konnte, ohne auch nur einen Tropfen abzubekommen. Also: es gibt kein Frankfurter Wetter, sondern nur Mikroklima, und das an jedem Ort speziell!

18.1.2019

18.1.2019

Auf dem Weg vom Nordwestzentrum zur Apotheke in der Römerstadt – es ist schon dunkel – tönt auf einmal volles Glockengeläut aus dem Turm von St. Sebastian. Ich höre das ja sonst allenfalls von fern, und meistens sind es die Heddernheimer Kirchen, die mir dem Sonntagmorgen durch ihre Glocken eine weihevolle, ich finde: geheimnisvolle und andächtige Stimmung verleihen.

Die sonst so profan und nüchtern anmutende Nordweststadt – sie erhält von einer Sekunde auf die andere so etwas wie Heiligkeit und Urbanität. Von allen Seiten strömen tatsächlich… na ja, ich will’s nicht übertreiben – von allen Seiten kommen Passanten, eindeutig auf dem Weg zum Gottesdienst. Wie ich einem Anschlag an der Tür entnehme, wird heute eine besondere Messe zum Patrozinium gefeiert. Wie bitte? Dieses Wort hatte ich bislang noch nicht vernommen; es meint die Schutzherrschaft des Kirchenpatrons, und der Feiertag des Heiligen Sebastian ist dann wohl heute, oder? (Damit oute ich mich definitiv als Ungläubigen…) Aber dies alles gibt mir Anlass, mal ins Innere der Kirche zu schauen, und tatsächlich – selbst in einem modernen Gemäuer kann so etwas wie mystische Atmosphäre leuchten! Das spärliche Licht, die hellen Bruchsteinwände, die abgesetzten Glasquader, das Holz und der nackte Beton – alles zusammen ein geheimnisvoll anmutendes, warmes Stimmungsbild, und das in einer Trabantenstadt!