5.7.2019
Heute wurden bei der Morgenlektüre der FAZ fast meine Augen feucht. Der Chefdramaturg der Frankfurter Oper wird demnächst in den Ruhestand verabschiedet werden; aus diesem Anlass gab es ein Interview zu lesen. Das ist an sich ja nichts Trauriges. Doch in diesem Fall verbinden sich damit auch emotionale Erinnerungen an große Opernabende in den vergangenen Jahrzehnten, und die meldeten sich in starker Intensität.
Der Herr begann seine Frankfurter Tätigkeit, kurz nachdem auch ich meine Begeisterung für das Musiktheater entdeckt hatte. Kein Wunder – Gielen und Zehelein prägten damals das Haus und revolutionierten die Aufführungspraxis, und ohne diese Revolution hätte man mich schwerlich begeistern können. Herr Abels lässt diese Zeit wiedererstehen, wenn er etwa von den Saison-Planungen seinerzeit berichtet, als es noch darum ging, die Oper mit ihrem Programm in der aktuellen Gesellschaft zu verorten, die Werke mit Bezug zur Gegenwart, jedenfalls aber aussagekräftig zu inszenieren und sogar einen inhaltlichen – selbstverständlich auch politisch inspirierten – Bogen über eine ganze Spielzeit zu spannen. Meine Augen glänzten, als ich das las, und Wehmut kam auf, denn so etwas kann man sich heute – um im Metier zu bleiben – getrost abschminken. So verdienstvoll die Herren Loebe und Weigle auch wirken – derartigen Tiefgang, derartige Konsequenz, ja Radikalität bieten sie nicht; da wird eklektisch zu Werke gegangen, ohne dass ein intellektueller Hintergrund oder gar eine „Konzeption“ sichtbar würde. Der Gesamtmischmasch mag auf (legitimen) wirtschaftlichen Erwägungen beruhen, Zufalls-Glückstreffer kommen dabei auch immer mal wieder heraus und die hohe musikalische Qualität ist unbestreitbar. Aber an die Klasse des Opernbetriebs der Jahre 1977-1987 kommt das alles nicht heran. Tempi passati…