29.8.2019
Es kommt immer auf den Blickwinkel an. Jede Situation ermöglicht unterschiedliche Reaktionen, und diese hängen davon ab, worauf der Fokus der Wahrnehmung gerichtet ist. Letztendlich bestimmt er dann die geistige und seelische Verfassung, in der man sich befindet. Schön, dass das immer wieder praktisch deutlich wird.
Dienstliche Verrichtungen führten mich dieser Tage nach Langenselbold, und zur Sicherung der körperlichen Fitness angesichts zweitägigen Sitzprogramms entschied ich mich, das Fahrrad mitzunehmen. Die Rückfahrt sollte weitgehend auf dem Fernradweg R 3 zurückgelegt werden, denn den gibt es, damit er auch befahren wird. Erbaulich ist diese Tour nicht gerade – genau auf dieser Teilstrecke führt der Radweg oft entlang von Autobahnen und Schnellstraßen oder kreuzt sie und der Lärmpegel schwankt bis zum Unerträglichen. Man passiert die schrecklichen Ergebnisse der Planungswut der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, wird unausweichlich zum Opfer der Auswirkungen des Primats des Autoverkehrs, der dieses Land immer noch beherrscht, und fährt doch immer wieder durch geradezu beschaulich-idyllische Naturschutzgebiete oder jedenfalls übrig gebliebene Restzonen ehemals unendlicher, zusammenhängender Flächen unberührten Daseins. Es mutet schon grotesk an – direkt neben den Auf- und Abfahrschleifen eines Autobahnkreuzes könnte man ins Wasser der verbliebenen, dunkel leuchtenden Seen in der Hanauer Bulau springen! Nachts sagen sich hier Fuchs und Hase gute Nacht und nebenan braust der Verkehr. Verrückt. Also: Schön, dass es solche Oasen noch gibt? Oder: Wie grausam, die Umgebung, in der der Mensch immerhin leben möchte, so zugrunde zu richten?