Browsed by
Schlagwort: Rebstockbad

22.10.2020

22.10.2020

Die Halbwertzeit Frankfurter Bauprojekte, auch das war schon mehrfach hier Gegenstand der Betrachtungen, ist sehr überschaubar, um es sanft auszudrücken. Nicht nur etwa der Goetheplatz oder die Eschersheimer Landstraße (im nördlichen Teil) erfuhren vor einiger Zeit massivste Umgestaltungen, obwohl sie nicht allzu viele Jahre zuvor schon einmal massivst umgestaltet worden waren. Ständig wird alles in Frage gestellt, kaum dass es einmal errichtet ist. Der Frankfurter, vor allem, wenn er politische Verantwortung trägt, scheint mit nichts zufrieden zu sein oder will, wenn er oder sie neu ins Amt gekommen ist, alte Schlachten dann doch wieder zu seinen oder ihren Gunsten schlagen; Hauptsache, es kostet Geld. Das ist nicht in allen Fällen gut angelegt; aber Ausnahmen wie das neue Historische Museum gibt es schon.

So nimmt es nicht wunder, dass es nun dem Rebstockbad, erst in den Achtziger Jahren noch als „Schwimmoper“ feierlich eröffnet (und als „Spaßbadetempel“ in gewissen kritischen Kreisen geschmäht), nach nur etwas mehr als drei Jahrzehnten an den Kragen, genauer gesagt: ans Fundament geht. Auch das war schon lange geplant, nun ist es amtlich. Aber warum soll ihm ein besseres Schicksal beschieden sein als weiland dem Stadtbad Mitte? Wenn die Stadt zu billig bauen lässt und – ungeachtet jährlicher mehrwöchiger Schließungen zur Instandhaltung – nicht in der Lage oder auch nur willens ist, das Gebäude so in Schuss zu halten, dass es langjährig genutzt werden kann – was soll der steuerzahlende Bürger dazu sagen, der auch gern mal schwimmen oder in der weitläufigen Sauna schwitzen will? Das Stadtbad Mitte wurde gleichsam privatisiert, als Gebäude ist es der Stadt allerdings erhalten geblieben. Fürs Rebstockbad soll hingegen an gleicher Stelle Ersatz entstehen: Eine „urbane Wildnis“ soll es werden, entnimmt der erstaunte Leser der städtischen Lobpreisung des heute veröffentlichten Siegerentwurfs aus dem Architektenwettbewerb; ein „bespielbares“ modulares Gesamtkunstwerk aus Elementen wie „Tanz des Wassers“ und „Duft der Erde“, ja, ein „Leuchtturm für die deutsche Schwimmbadlandschaft“, wie sich der zuständige Dezernent vernehmen ließ. Oh je, die Frankfurter Bescheidenheit lässt grüßen. Was ist gegen solch einen bespielbaren (?!) Leuchtturm schon eine helle, transparente, leichtgebaute und dadurch Raum (!) bietende „Schwimmoper“… Man darf gespannt sein, mit welchen Euphemismen in dreißig oder vierzig Jahren der nächste anstehende Neubau propagiert wird.

19.10.2020

19.10.2020

Die langen Zeiträume bis zur Verwirklichung von lange zuvor beschlossenen Planungen sind eigentlich nichts Neues. Ich erinnere mich noch, wie weiland der damals neu gewählte Oberbürgermeister Wallmann – erstmals in der Zeit nach 1945 durfte ein Mitglied der CDU in Frankfurt dieses Amt bekleiden! – nach 1978 ein Großprojekt nach dem anderen in Frankfurt feierlich einweihen konnte, deren Ursprünge allesamt noch auf Beschlüsse der vormals scheinbar auf Dauer regierenden SPD zurückgingen. Ich hebe neben dem Gesamtkonzept des Museumsufers nur noch das Rebstockbad und die Alte Oper hervor. Herrn Wallmann und seine Partei freute dies seinerzeit diebisch, sicherte es ihnen doch die unverdienten Lorbeeren, nicht zuletzt in Form der Wiederwahl mit formidablem – und für die SPD blamablem – Ergebnis. (Herr Feldmann konnte allerdings, dies muss hinzugefügt werden, bei seinem Amtsantritt Jahre später in der ihm hinterlassenen Erbschaft nichts dergleichen vorfinden.) Heute indes muss der grüne Wirtschafts- und Verkehrsminister des Landes den Bau einer Autobahn durchsetzen, die schon zu Holger Börners Zeiten, sogar noch vor der ersten rot-grünen Koalition im Land, geplant wurde und die er noch nie gewollt hat. Immerhin, er tut es; aber was bleibt ihm sonst auch übrig, will er sich nicht des Verfassungsbruchs schuldig machen…

Viel schlimmer ist demgegenüber nur noch, dass Planungen, die einmal die Papierform erblickten, nie aus der Welt zu schaffen sind, selbst wenn sie mal in der Schublade verschwunden sind. Ja, vor allem Stadt- und Verkehrsplaner sind gründliche Leute und schaffen Dauerhaftes. So wird immer mal wieder – bei tatsächlichem oder auch nur vermeintlichem Bedarf – eine uralte Planung aus der Schublade gezaubert, die man eigentlich als endgültig erledigt wähnte. Das funktioniert nur dann nicht, wenn es wirklich Geld kostet. So werden wir – glücklicherweise – sicher niemals im Autobahntunnel vom Miquelknoten zum Knoten am Ratsweg fahren können. Aber Teile dieser Planung, deren ursprüngliche Version in der Realität Vernichtungsfolgen ausgelöst hätte, sollen ja doch zumindest im Osten der Stadt Wirklichkeit werden. Ein anderes Beispiel ist die Verlängerung der Ludwig-Landmann-Straße in Richtung der (geplanten) Josefstadt zwischen Steinbach und Eschborn – seit Jahrzehnten in der Schublade, wird sie doch mit Sicherheit irgendwann gebaut werden, oder gibt es Zweifel?? Der Plan – ein ewiger Wiedergänger…

9.11.2019

9.11.2019

Der allgemeine deutsche Gedenktag – aufgrund mehrerer, ganz unterschiedlicher historischer Ereignisse – war für mich in diesem Jahr verbunden mit einer gedanklichen Reise Richtung Vergangenheit. Private Umstände führten mich in die Rebstock-Siedlung, und diese Gegend ist ein Paradebeispiel für die permanenten Umwälzungen, die ich in Frankfurt erlebe. Als ich das erste Mal in meinem Leben – ich war noch keine zehn Jahre alt – dorthin kam, genauer gesagt: in die benachbarte Kuhwald-Siedlung, war ich nicht nur wegen des wundersamen Namens dieses Ortes verwundert, sondern auch deswegen, weil die ganze Gegend nicht den Eindruck verbreitete, den ich von einer „Großstadt“ schon seinerzeit erwartete. Geografisch zwar noch fast mitten in Frankfurt, wähnte ich mich schon weit draußen in der Pampa, zumindest aber am Stadtrand, öffnete sich doch an der Bebauungsgrenze nach Westen hin eine weite grüne Wiesen-Ebene, die nur akustisch durch die nahe Autobahn eingegrenzt zu sein schien. Und außer Vögeln und ein paar Spaziergängern, die ihre Hunde toben ließen, war auch nichts zu sehen, was dem Ganzen irgendwie auch nur einen Hauch städtischen Gepräges hätte verleihen können.

Heute ist das alles bebaut, natürlich im Frankfurter Maßstab enger, allzu enger Straßen, gesäumt von Blech, das auch hier trotz aller Tiefgaragen nicht genug Platz findet, und – Lichtblick – dem Rebstock-Park, zu dem der frühere Messe-Parkplatz – ja, wieder eine typisch Frankfurter Zwischenlösung, insoweit aber zum Glück – mutierte, nachdem man sich zur Wohnbebauung entschlossen hatte. Als Zwischenlösung erweist sich nunmehr auch das Rebstockbad; als Schwimmoper erst in den achtziger Jahren eröffnet, wird es bald wieder einer neuen Lösung weichen, deren Halbwertszeit nicht abgeschätzt werden kann, abgesehen davon, dass es natürlich auch nur eine kurze sein wird. Und ob der dahinter sich immer noch öffnende Park als Erholungsort weiter zur Verfügung stehen wird, bleibt offen – es werden Gedankenspiele angestellt, die in Frankfurt bitter nötigen Wohnungen hier zu errichten. Die würden zwar wohl hier keinen so richtig stören (außer den Kleingärtnern, die ihre Gärten hergeben müssten), doch ob es sich gut wohnen lässt in einem Gebiet, das ringsum von Autobahnen eingeschnürt wird und – pardon – am Arsch der Stadt liegt?

14.1.2019

14.1.2019

I’m growing old. Zugegeben – geklaut aus „True Grit“, aus dem Munde Rooster Cogburns, aber wahr für jeden von uns. Banal, aber unabänderlich. Heute fiel es mir nur mal wieder besonders auf. Ich fahre nämlich jetzt immer mit der Straßenbahn zum Rebstockbad. Das ist zwar umständlich, weil ich zweimal umsteigen muss, aber es konveniert mir derzeit ungemein – das Autofahren, zumal in der Stadt, macht keinen Spaß mehr.

Früher hätte mich freilich schon allein ein Blick auf den Zeitunterschied anders handeln lassen. Nur knapp mehr als 10 Minuten by car, während die Fahrt mit dem ÖPNV gut und gerne dreimal so lange währt (wenn alles klappt)! Doch nun liebe ich es, gefahren zu werden, statt selbst am Steuer zu sitzen und ständig auf den Verkehr zu achten, der ja auch nicht weniger geworden ist. Und heute ertappte ich mich doch tatsächlich beim Rausgucken dabei, wie ich einfach immer wieder die wechselnde Perspektive genoss und – bei strahlendem Sonnenschein am späten Nachmittag – trotz aller Hin- und Herwindungen des Schienenwegs und der engen Kurven selbst mit wachsender Entfernung immer wieder die blau glänzende, runde, aber immer kleiner erscheinende Scheibe des Radisson-Hotels am Katharinenkreisel erspähte, an der ich zu Beginn vorbeigefahren war. Das wär mir früher gar nicht aufgefallen. Bummeln kann doch schön sein!

4.1.2019

4.1.2019

So ruhig es in den Weihnachtsferien auf den Straßen auch ist – andere Orte werden in dieser Zeit besser gemieden. Ziehe ich sonst zum Beispiel im Rebstockbad an Nachmittagen wie diesen in aller Ruhe meine Bahnen und habe mindestens eine ganze Bahn für mich allein, erinnerten mich heute halbwüchsige Mädels, die meine Bahn ohne Rück- und Vorsicht kreuzten, und ganze Heerscharen ins Wasser hüpfender und kreischender Bengel daran, dass Mütter offenkundig recht froh sind, wenn ihre kurz vor der Pubertät stehenden Kinder den Nachmittag im Wasser statt daheim verbringen. Die Schlange an der Rutsche war so lang, dass man beim Vorübergehen aufpassen musste, wegen des glitschigen Bodens nicht die Zuschauerränge zum Schwimmerbecken hinunterzustürzen. Und permanent ein ohrenbetäubendes Schreien und Quieken.

Trotz alledem soll das Bad – knapp 30 Jahre nach seiner Errichtung – demnächst abgerissen werden. Der Hinweis auf die marode Bausubstanz und die hohen Kosten einer Sanierung – trotz regelmäßiger Instandhaltungsmaßnahmen, die in jedem Jahr zu mehrwöchigen Schließungen führten! – erinnert verdammt an die Geschichte des ehemaligen Stadtbads Mitte, das mit gleicher Begründung vor Jahren schon kurzerhand privatisiert und damit der Öffentlichkeit weitgehend entzogen wurde. Warum steht eigentlich der Römer noch? Und dass andere Gebäude ähnlichen Alters, wie etwa die „Schirn“, ebenfalls abgerissen werden sollen, habe ich noch nicht vernommen…