Browsed by
Schlagwort: Römerberg

10.10.2020

10.10.2020

Das Internet ermöglicht die Zeitung mit bewegten Bildern. Jede Tageszeitung, ach was, wirklich jede Publikation, die Nachrichten verbreitet, kann heutzutage in Gestalt einer App auf jedem Smartphone empfangen werden, und damit es so schön bunt wird, werden immer wieder Video-Clips angeboten, um den Lesern das Lesen nicht zu verleiden… äh… nun, wahrscheinlich haben irgendwelche Erhebungen ergeben, dass Lesezeiten von mehr als 2 Minuten von 95 % der Leser als zu lang und damit unzumutbar empfunden werden, während animierte Nachrichten in der Gunst des Publikums weit höher stehen und gern mitgenommen werden statt der umständlichen Leserei.

Solange dabei der Umfang der Wissens- und informationsvermittlung nicht leidet, soll mir’s recht sein. Ich guck sie mir ja auch gern an, solche Clips. Dabei konnte ich dann gestern (nach Redaktionsschluss, aber den gibt es in diesen Zeiten ja auch nicht mehr) unseren maskierten OB sehen, wie er – lächelnd oder nicht? – ein Abspannseil auf einem Karussell – oder war es doch nur eine Glücksspielbude? – durchschnitt, um den schönen „Herbst in der Stadt“ mit allem üblichen PiPaPo zu eröffnen. Er hielt auch ein Mikrofon in der Hand und eine Rede. Fragt sich nur, wem sie galt. Die Kamera zeigte gähnende Leere auf dem ganzen Römerberg, kein Wunder bei dem Wetter. Aber so muss es halt sein, und ein OB darf sich für nichts zu schade sein. Schön, dass er vermummt war; aber eine Infektion war bei diesen Umständen wenigstens nicht zu befürchten.

26.2.2019

26.2.2019

Habe ich morgens einen Termin in der City und schüttet der Himmel weder Schnee, Hagel noch Regen über der Stadt aus, gönne ich mir meistens einen kleinen Gang an der frischen Luft. Wenn die Innenstadt erwacht, herrscht auch hier noch ruhige, gemächliche, erwartungsfrohe Atmosphäre, die an Sonnentagen wie heute noch stimmungsvoller wirkt. Im Innenhof des Römers begegnet mir selbst schon zu dieser frühen Stunde eine Gruppe erkennbar asiatischer Reisender, denen vermutlich gerade eine historische Lektion über den Kaisersaal erteilt wurde und die nun in Richtung Römerberg und Altstadt weitereilen.

Beginnend am Willy Brandt-Platz, ist es auch ein Weg durch die Architekturgeschichte der Nachkriegsära, der binnen weniger Minuten, gleichsam im Zeitraffer, auf drastische Weise die ganze Palette Frankfurter Planung und Bauweise illustriert. Zunächst vorbei an den einfallslosen, kühl-geradlinig emporragenden Gebäuden, die in extremer Verdichtung auf dem ehemaligen Degussa-Gelände errichtet wurden und in denen jeder Sonnenstrahl schlicht verschluckt wird; dann – im Anschluss an das historische Gebäude des Karmeliter-Klosters mit dem Museum für Vor- und Frühgeschichte, eine trefflich restaurierte Augenweide – werden die nüchternen, rein zweckmäßigen und auch äußerlich billigen Wohn-Zeilen aus den fünfziger Jahren passiert, mit denen Frankfurt in Konkurrenz zu Städten wie Hildesheim oder Teilen von Kassel steht – großstädtisch wirkt hier nichts; und zuletzt dann der Römerberg als Tor zur Altstadt. Hier kann man morgens noch jeden Löffel fallen hören. Ein verweilender Blick über das Oval des Platzes zeigt: Mit dem neuen Historischen Museum ist den Planern tatsächlich eine stimmungsvolle Arrondierung gelungen, die die Öffnung zum Main hin angemessen verengt und einen wirklichen Raum entstehen lässt, aber auch als Bauwerk einen gelungenen Akzent setzt – und zudem noch ästhetisch aussieht. Und dann setzt auch noch das mächtige Dom-Geläut ein… Ja, Frankfurt hat jetzt doch so etwas wie ein Herz.

30.12.2018

30.12.2018

Kultureller Nachmittag in der Stadt – zwei Ausstellungen im Architekturmuseum, eine in der Schirn; auch das gehört für mich nicht zuletzt zur Alzheimer-Prävention, wenn auch derzeit insoweit noch mehr der intellektuelle Nutzen und die seelische Erbauung im Vordergrund stehen. Die Ausstellung im Architekturmuseum zur Geschichte der Altstadt-Bebauung brachte eine nicht erwartete Erkenntnis: Angesichts der übrigen brutal-brachialen Architektenentwürfe für die Dom-Römerberg-Bebauung erscheint die Errichtung des früheren Technischen Rathauses noch als verzeihlicher Irrtum. Architekten ohne Gefühl für den Raum, ohne Empathie und Fantasie – das musste im Elend enden…

Die Stadt war brechend voll, ich könnte auch sagen: lebendig – es hat sich viel zum Positiven entwickelt in Frankfurt, das muss ich anerkennen, auch wenn ich die Disneyland-Altstadt immer noch wie ein Narkotikum empfinde angesichts der grottenhässlichen Restbebauung des Stadtzentrums. Zentrum kann nur gelebt werden, und innerhalb des kleinen Gevierts zwischen Dom und Römer wird nicht gelebt, sondern durchspaziert und geglotzt. Und fotografiert. Wenigstens die Braubachstraße symbolisiert für mich eine Rückkehr zur Urbanität. Immerhin.