Was Hänschen nicht lernt…
Wer spekulieren will, wie sich eine Gesellschaft voraussichtlich entwickeln könnte, mag sich anschauen, wie Kindergruppen durchs Leben geschickt werden; etwas präziser in diesem Fall: durch den Alltag in einer Stadt. Heute konnte ich eine (vermutlich) KiTa-Gruppe beobachten, die von einer Vielzahl von Betreuerinnen und Betreuern durch das Frankfurter Nordwestzentrum geschleust wurde. Alle, wirklich alle Kinder hatten Dosen mit Essvorräten dabei, die sie allerdings nicht nur mitführten – nein, wirklich jedes Kind mümmelte während des Gehens durch die Passagen – mitten am Vormittag – fleißig kauend an Essbarem, natürlich nicht schweigend. Wohlgemerkt: alle, und im Gehen. Muss man sich da noch wundern, wenn allüberall im öffentlichen Raum nicht nur von Kindern geschmatzt wird und zuweilen die leeren Futter- oder auch Trinkbehältnisse – wenn nicht wiederverwendbar – auf dem Trottoir oder in der Grünanlage landen? Wie anders sieht es dagegen etwa in Japan aus! Dort erlebte ich im vergangenen Jahr, wie ruhig und diszipliniert eine Gruppe mit vergleichsweise ähnlich alten Kindern und gerade mal zwei Betreuerinnen in aller Ruhe einen Bahnhof durchquerte, ohne auch nur einen Finger in die mitgebrachten Dosen zu stecken, in denen sich aller Wahrscheinlichkeit ebenfalls der Proviant befand, der dann später – zur Essenszeit – verzehrt wurde. Natürlich nicht auf der Straße.
Nichts gegen die Kinder, die darüber vermutlich nicht nachdenken – aber die Betreuerinnen und Betreuer dürften sich schon mal überlegen, wie sie da beaufsichtigen. Schlimmer erlebte ich es freilich eines Tages im Sommer, als eine wilde Gruppe die Straßenbahnhaltestelle an der Bockenheimer Warte heimsuchte und von den (wiederum zahlreichen) Betreuern auch noch in die deutlich verspätete und darum hoffnungslos überfüllte Bahn gescheucht wurde, nur um nach einigen Minuten das Kommando „Alles wieder raus!“ befolgen zu müssen, da sich herausstellte, dass nicht alle Mitglieder der Gruppe gemeinsam hätten mitfahren können… Hätten die Betreuer mal vorher die RMV-App zu Rate gezogen, wären sie womöglich gleich auf die Idee gekommen, auf die für nur eine Minute später angekündigte (und pünktliche) nächste Bahn zu warten, die dementsprechend leer war. Doch das ist ja noch nichts gegen eine andere, ebenfalls im Sommer erlebte Begebenheit: Unterwegs Richtung Ginnheim Mitte wollte doch tatsächlich eine Kinder-Feriengruppe an der gerade im Umbau befindlichen Station Niddapark aussteigen, und als die Bahn dort nicht hielt, schimpfte die oberste Betreuerin laut in der Bahn, dass das ja schon von den verantwortlichen Stellen mal hätte kommuniziert werden können. Hatte man aber – die Station war bis zu diesem Zeitpunkt bereits für drei Monate außer Betrieb und das war nicht nur in der Presse und über öffentliche Verlautbarungen der VGF, sondern auch über Aushänge an jeder Haltestelle zu lesen gewesen. Wie verpeilt muss man sein, um das ignorieren zu können? Doch wenn schon die Betreuer nicht begreifen, wie man praktisch und zielgerichtet durch den Alltag kommt – wie sollen es die Kinder dann lernen?