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Schlagwort: Agrarwüste

3.12.2019

3.12.2019

In der Nachbarschaft wird immer rumort; Handwerker befahren die Straße fast täglich – offenbar gibt es immer irgendwas zu tun. Nachdem die Baustelle am Ende der Straße nach drei langen Jahren – natürlich so nicht geplant – seit Beginn des Jahres geräumt worden war und nur noch die Wiederbepflanzung des Gartens der Verwirklichung harrte, wurde gegenüber die Grundstückseinfriedung (ja, Juristendeutsch) auf Vordermann gebracht, und vor einigen Wochen bebte 100 m weiter östlich die Erde, weil auf dem hinteren Teil eines Grundstücks ein Einfamilienhaus errichtet wird. Der schöne Garten ist leider weg, aber Verdichtung kann ja im vollen Frankfurt, wo Menschen ja auch wohnen wollen, nicht schaden.

Weg würde auch die ach so grüne Natur sein, könnten die Pläne der „Josef-Stadt“ realisiert werden, also das heiß diskutierte und umstrittene Neubauvorhaben am Rande der Stadt zwischen Praunheim und Steinbach. In der FAZ war am Wochenende eine schöne Luftaufnahme dieses Gebiets zu sehen: Ein breiter Streifen plattgewalzter Äcker, nichts anderes als Agrarwüste, durchzogen von einer breiten Autobahn. Wenn das bebaut würde, worüber sollte man weinen? Auf die Pestizide und Düngemittel, die die Bauern derzeit alljährlich dort aufbringen, kann ich getrost verzichten, und wer das Spazierengehen dort genießt, muss schon arg an Wahrnehmungsverzerrungen leiden. Deutlich zeigte sich auf dem Bild aber, wo wirklich „Grün“ herrscht: Die Nordweststadt kommt, aus der Luft betrachtet, wie ein Biotop daher; selbst die Bebauung am Riedberg kann diesem Eindruck nicht annähernd nahekommen. Natur in der Stadt, im wahrsten Wortsinn; und das, was auf den Äckern hinter Niederursel passiert, hat mit Natur nichts zu tun. Vielleicht müssten die Argumentations-Fronten mal auf die Realität bezogen werden… Natur würde dort nicht zerstört; aber ob ich da wirklich wohnen möchte, das ist eine andere Frage.

10.11.2019

10.11.2019

Die gestern begonnene Gedankenreise setzt sich fort anläßlich eines Spaziergangs im äußersten Norden, hinter Niederursel, im Tal des lieblich dahinrauschenden Urselbachs. Hier bin ich zur Schulzeit dann und wann mit dem Fahrrad hingefahren, wenn ich nix anderes vorhatte, und habe den Mannschaften des SV 1919 Niederursel beim Kicken, genauer: beim Training zugeschaut. Schon damals war das Tal mit dem Ungetüm der Autobahn-Brücke geschlagen; aber so laut hatte ich das nicht in Erinnerung. Dabei ist die Brücke mit modernster Schallschutz-Technik ausgestattet! Doch der Lärm quillt von den Seiten ungehindert ins Tal und lässt die Ohren schaudern.

Um so verwunderlicher, dass seit einiger Zeit eine Art Kreuzzug geführt wird, um diesen – so wird behauptet – letzten Teil unberührter Natur, gleichsam den Inbegriff eines städtischen Erholungsgebiets zu schützen. Was da an Argumenten gegen die Pläne ins Feld geführt wird, in der Nähe der Autobahn eine neue Wohnsiedlung zu errichten, lässt mir die wenigen verbliebenen Haare zu Berge stehen. Der Lärm vergällt mir die Lust, dort länger zu verweilen, und im Übrigen folgt hier eine Agrarwüste der nächsten. Ein Bauernhof mit Riesen-Stallanlage wurde nahe der Kläranlage errichtet; die Felder sind – flurbereinigt – völlig ausgeräumt; Hecken für Vögel und Insekten sind nur unmittelbar bei Niederursel zu finden – eine typische moderne Agrarlandschaft, geprägt von einer Landwirtschaft, die alles großindustriell betreibt und vermarktet, nicht zu sprechen von den Giften, die da versprüht werden. Nein, das muss nicht gerettet werden! Eine andere Frage ist, ob das ein geeigneter Ort zum Leben ist – aber wer hier mit „Natur“ argumentiert, sollte sich schon mal fragen ob er oder sie da wirklich alles bedenkt, was zu bedenken ist…