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Schlagwort: Autoverkehr

2.2.2019

2.2.2019

Am Samstag Morgen um 11 Uhr ist der Goetheplatz eine Oase der Weite. Eigentlich sind es ja zwei Plätze, weil auf der einen Seite der Goetheplatz liegt und sich daran, Richtung Norden, da, wo der Goethe von seinem Denkmal aus hinschaut, der Rathenauplatz anschließt. Ursprünglich ein reiner Verkehrsknotenpunkt mit der Ästhetik der Nachkriegszeit (also – pardon – gar keiner), geprägt durch krude verlaufende Straßenbahnschienen, überdimensionierte Umsteigehaltestellen und natürlich viel Raum für den Autoverkehr sowie eingerahmt von den typisch nichtssagenden Bauten jener Zeit, erlebte der Platz zunächst in den achtziger Jahren eine Metamorphose zu Tante Gerdas Blumengarten. Da tummelten sich dann mittags die schwarz oder dunkelgrau gewandeten Banker mit nem Sandwich in der Hand und ließen sich zuweilen die Sonne aufs Haupt scheinen, bevor sie pflichtbewusst wieder in den umliegenden Hochhäusern verschwanden. Aber hübsch sah’s aus. Fehlten nur noch die Gießkannen.

Seine heutige Gestalt hat der Platz noch nicht lange. Nach der üblichen kurzen Halbwertszeit, der Frankfurter Gestaltungsprojekte nun mal unterliegen, wurden im Zuge des von der schwarz-grünen (!) Koalition im Römer forcierten Baus einer Tiefgarage auch die Blumenrabatten weggebaggert. An ihrer Stelle wachsen nun einige plangerecht gepflanzte Stadtbäume; Goethe wurde zentral auf dem Platz platziert, und außer einigen nachträglich aufgestellten Bänken findet sich dort ansonsten – nichts! Und das in Frankfurt! Die in Frankfurt offenbar nicht zum Schweigen zu bringenden Anhänger engster Bebauung meditieren zwar regelmäßig in den Medien über Möglichkeiten der urbanen Ausfüllung der den Platz nun kennzeichnenden Leere, etwa in Gestalt von Pavillons oder Kiosken (wie konnten die Platz-Planer denn so etwas Existenzielles vergessen?!). Und leider allzu oft im Jahresverlauf erfinden die städtische Tourismus-Gesellschaft und andere wohlmeinende Unternehmungen immer wieder neue Anlässe, um den Platz mit Gerümpel (Frittenbuden, Veranstaltungszelte, Sauftheken und dergleichen) zuzustellen. Da wird der Begriff der Urbanität aber gehörig missverstanden. Mir ist der Platz in den Zeiten der Leere am liebsten. Endlich mal „Raum“ in der sonst so zugebauten City, der Perspektiven auf die umliegende Stadtstruktur eröffnet und Großstadt wenigstens ansatzweise erleben lässt. So wie heute morgen – ein meditativer Gang im weiten Raum…

30.1.2019

30.1.2019

Der Straßenbahnfahrer (oder die Straßenbahnfahrerin; mittlerweile ist die Quote zwar immer noch nicht erfüllt, aber es werden immer mehr) ist ein Wesen, das komplexesten Anforderungen genügen muss. Er oder sie muss nicht nur das riesige Fahrzeug technisch beherrschen und die Insassen ohne Schaden an ihre Ziele bringen – anders als früher bedarf es dazu allerdings meist nur noch diverser Knopfdrücke, während ich noch das schwarze runde Kurbelrad im Fahrerhaus der alten Straßenbahnen in Erinnerung habe, das aber eben nicht als Lenkrad, sondern als Antriebssteuerung fungierte -; es bedarf vielmehr auch der aufmerksamen Beachtung des umbrausenden Verkehrs und einer gewissen Sorgfalt, um kein Auto zu rammen oder einen Passanten zu überfahren, und was eben dergleichen sonst noch beachtet werden muss. (Der geneigte Leser möge mir die Stilanleihe bei T. Mann verzeihen; ich werde dies künftig zu vermeiden versuchen. Das Kaleidoskop soll ja wenigstens lesbar sein.)

Wenn sich angesichts dieser gravierenden Belastungen offenkundige Überforderungssymptome zeigen, ist also Verständnis angebracht. So verbieten sich schon Gedanken an eine Beschwerde, kommt man – wie heute früh geschehen – an der Ginnheimer Endstation mit der wie immer verspäteten U 1 an und schafft es nicht mehr, in die Linie 16 umzusteigen. Die Bahn stand zwar noch da und wartete auf das Fahrsignal der Ampel, denn sie muss ja in die belebte Straße einbiegen, auf der immer noch der Autoverkehr Vorrang hat. Aber die Türen waren schon zu und der Fahrer hatte den Öffnungsmechanismus schon ausgeschaltet. Hätte er mich und die nachfolgenden Möchte-gern-Passagiere freundlicherweise noch reingelassen, hätte das übel geendet. Denn dann wäre eine weitere Ampelphase abzuwarten gewesen, die auch im Jahr 2019 mindestens noch zwei weitere komplette Minuten in Anspruch genommen hätte. Nicht zu vergessen, dass der Fahrer dann ja nochmals die Bahn hätte verlassen und mit seinem Schlüssel den Ampelmechanismus zugunsten der Bahn hätte betätigen müssen. Und die Bahn war ja ebenfalls schon zu spät. Tja, die Abwägung, entweder der Transportaufgabe gerecht zu werden oder den Fahrplan einzuhalten, ist schon manchmal eine diffizile Angelegenheit. In jedem Fall bewirkt die Entscheidung nur ein Übel. Insoweit – mein tiefes Mitgefühl! Bleibt die Frage, ob in unserer modernen Zeit nicht bessere technische Lösungen möglich sein könnten…