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Schlagwort: Hauptwache

31.10.2020

31.10.2020

Einen Tag vor dem angekündigten „Lockdown Light“ – dem sprachlichen Erfindungsreichtum sind offenkundig keine Grenzen gesetzt – mutet die Innenstadt an wie eine Kurstadt. Jedenfalls am Vormittag. Schon die U-Bahn füllte sich auf dem Weg zur Hauptwache wie sonst nur an hohen Feiertagen – sehr ungewöhnlich für einen Samstag, der ja sonst zum Familien-Einkaufstag mutiert ist. An der Hauptwache, erst recht aber in den Nebenstraßen wähnt man sich in der Haupt-Urlaubszeit; fast könnte man die Passanten zählen. Und welche Ruhe über der Stadt liegt…

Der so ermöglichte Bummel (im wahrsten Wortsinn) ließ Raum für Verweilen und Entdecken, ja Genießen. In der Altstadt keine Touristen, dafür Muße zum Kaffeegenuss. Selbst im Cafe Karin noch freie Plätze, wann gab’s das denn zuletzt? Am deutlichsten aber wurde die veränderte Stimmung in den Fachgeschäften, die es ja neben den Kaufhausgiganten auch noch gibt – was der Vowinckel für die Bastler, ist der Wächtershäuser für die Zunft der Strickenden und Nähenden. Wenig Betrieb ermöglicht freundliche Beratung und Dienst am Kunden, wie man ihn jedenfalls bei Kaufhof oder Karstadt schon lange vermisst. Und das dann auch noch im Gruselkostüm, aus gegebenem Anlass. Halloween hat auch nette Seiten!

23.11.2019

23.11.2019

Erstaunlich, welche Prioritäten die Menschen an einem Tag wie diesem setzen – die Sonne kommt ausnahmsweise einmal durch den Hochnebel über Frankfurt durch, es schimmert hell, die Temperaturen entsprechen nicht unbedingt der Jahreszeit, doch auf dem Weg in die Stadt füllt sich die U-Bahn zunehmend und spätestens an der Hügelstraße wähnt man sich im dicksten Berufsverkehr. Nun, vielleicht stehen dann nicht so viele Kinderwagen in der Bahn wie heute und sind eher Einzelpersonen als ganze Familienstämme unterwegs. Aber klar ist, wo die alle hinwollen: An der Hauptwache und am Willy-Brandt-Platz leert sich die Bahn. Das Ziel ist die Zeil; es wird mal wieder geshoppt.

Halt, nicht zu früh den Stab brechen… letzten Samstag herrschten noch schlimmere Verhältnisse (bei allerdings noch um weites schönerem Wetter) im Städel, da alle sich anschauen wollten, wie das Museum den van Gogh präsentiert. Mir steht an solchen Tagen der Sinn danach, einfach so lange wie möglich draußen zu sein, am besten in der Ruhe eines Waldes oder auf freiem Feld, etwa an der Nidda. Na ja, Ruhe… zumindest am Niddaufer muss man auch höllisch aufpassen, nicht von einem der wilden Biker umgefahren zu werden, die im Renndress ihren Ausgleich zur Bürowoche suchen; und gejoggt wird dort im Minutentakt. Voll ist es auch da. 750 000 Einwohner…

2.5.2019

2.5.2019

Wunder gibt es immer wieder! Nicht nur im Schlagerland, aus dem dieser Titel der seligen Katja Ebstein aus der Zeit stammt, in der es noch so etwas wie eine „deutsche“ Hitparade gab (meiner Erinnerung nach hat sie damals mit diesem Song sogar den deutschen Schlagerwettbewerb irgendeines Jahrgangs gewonnen; aber das war’s dann auch weitgehend). Nein, dann und wann gibt es Anlass, den eigenen Augen nicht zu trauen, und das kann man dann getrost als Wunder bezeichnen.

MyZeil, der gläserne Shopping-Palast mit dem häßlichen gläsernen schwarzen Loch irgendwo in der Mitte, erstrahlt nach langjährigen Umbauten (ja, auch hier war sie, eine Baustelle!, obwohl das Ding noch gar nicht so viele Jahre steht) in neuem Glanz, und den kann man sogar sehen und erlaufen!!!! Denn wie von Zauberhand sind die unsäglichen, aber in Frankfurt leider allerorts offenbar unvermeidlichen und immer den Hauch des Provisoriums ausstrahlenden Gerümpelbuden – in und vor denen Säfte, Kaffee, Pralinen, Bagels, Obst, Eis und was sonst noch alles erstanden werden konnten – verschwunden!! Es herrscht einfach eine beeindruckende Leere – die Shopping-Mall beherbergt, jedenfalls in den unteren Etagen, nur noch das, was man in einer Shopping-Mall erwartet, nämlich große und kleine Verkaufsgeschäfte. Und dazwischen liegt – und das in Frankfurt! – weiter, unverstellter, offener Raum, der die großzügige Architektur endlich zur Wirkung bringt und Lust auf Verweilen macht, ja, tatsächlich! Und gern guckt man mal nach oben und ist angetan von den klaren Linien und den kühnen Schwüngen, die die Gebäudeelemente vollführen. Das alles kann jetzt gesehen und dadurch endlich wahrgenommen werden! Mich hat es seit Eröffnung dieses Zentrums eh gewundert, dass die Architekten die Betreibergesellschaft nicht mit gewaltigen Schadensersatz-Prozessen angingen angesichts der Verschandelung durch die erwähnten Buden, die eben nicht nur Hindernisse beim Fortkommen waren, sondern auch die gesamte Architektur bis zur Unkenntlichkeit (zer)störten. – Ein Anfang ist also gemacht. Es gibt noch viele Gelegenheiten zur Nachahmung – Hauptwache, Fressgass, Hauptbahnhof…

26.4.2019

26.4.2019

Es gibt sie, die seltenen Momente, in denen in der U-Bahn nicht nur Funksignale durch den Raum wabern und die herrschende Stille nur durch das entsetzliche Rattern und Quietschen der Wagen und die quäkende, aber unverständliche Lautsprecheransage unterbrochen wird. Nein, es wird dann und wann tatsächlich gesprochen. So heute auf dem Weg zur Oper, als ich Zeuge einer abendlichen Konversation zweier junger Menschen unterschiedlichen Geschlechts werden durfte und ob der Phonstärke gar nicht vermeiden konnte, den Inhalt des Gesprächs mitzubekommen.

Man konnte die Hormone praktisch erfühlen, die da den Raum zwischen den beiden erfüllten! Die junge Dame strahlte sie förmlich aus allen Poren aus in Richtung des jungen Mannes, der sich mit seinem amerikanischen Akzent nach allen Regeln der Kunst gegen die Umgarnung von gegenüber zu wehren versuchte, ohne zugleich unhöflich zu wirken. Immer schön freundlich antworten, immer ein Lächeln auf den Lippen; und doch kam für den unbefangenen Beobachter immer auch die Botschaft rüber, dass die Mühen der jungen Frau vergeblich sein dürften. Es ist schon erstaunlich, was sowohl verbal als auch nonverbal so alles an Subtext in einem solchen Gespräch übermittelt wird… Und als der junge Mann dann an der Hauptwache die Bahn verließ, setzte die junge Frau sich sogleich Kopfhörer auf, um musikhörend wieder in den normalen U-Bahn-Alltag zurückzukehren und der sie umgebenden Lebendigkeit Lebewohl zu sagen. Schade eigentlich.

12.4.2019

12.4.2019

Gleich neben der Hauptwache kann der nächste Schauplatz in Augenschein genommen werden, auf dem erneut herumgebosselt wird (siehe Kaleidoskop vom 11.4.2019). Die Neugestaltung von Rathenau- und Goetheplatz nach dem Bau der Tiefgarage vor mehr als zehn Jahren gefällt immer noch nicht. Zwar scheint nun endlich die Errichtung eines der von Frankfurter Politikern so geliebten Gemischtwaren-Pavillons im nördlichen Teil des Platzes sozusagen „vom Tisch“ zu sein, welch ein Glück; doch immer noch als anstößig wird der ach so graue Kiesbelag im mittleren Teil des Platzes empfunden, der die Schnurbäume umrahmt. Die mögliche Abhilfe kann jetzt von jedermann besichtigt werden – man hat drei Flächen nebeneinander probeweise mit den in Betracht gezogenen Belägen ausgestattet.

Das Positivste an dieser Maßnahme ist noch das Versprechen, spätestens im Mai seien die Frankfurter Wahrzeichen, die rot-weißen Bauzäune, wieder verschwunden. Schön, dass dann wieder ein Platz genossen werden kann. Aber mal ehrlich: Was ist denn so hässlich an dem bisherigen Kies, dass er gegen neuen Kies ausgetauscht werden müsste, über dessen ästhetische Wirkung natürlich genauso gestritten werden kann? Offenkundig gibt es in Frankfurt keine wirklich drängenden Probleme, wenn man sich so viel Zeit und Mühe für den Belag einer vielleicht 200 Quadratmeter großen Fläche nimmt. Ich könnte in der unmittelbaren Umgebung, erst recht aber im angrenzenden Bahnhofsviertel gleich im Dutzend Plätze und Örtlichkeiten benennen, die eine Sanierung (und damit verbunden vielleicht sogar eine ästhetische Aufwertung) gut vertragen könnten. Aber nein, ein Gesamtkonzept wird im Römer nicht verfolgt; da geht es nur um Symbolpolitik.

11.4.2019

11.4.2019

Zu den typischen Eigenheiten der Frankfurter Stadtpolitiker zählt die Unzufriedenheit mit dem, was sie beschlossen und verwirklicht haben. Nie passt es wirklich, und so geht, kaum dass ein Vorhaben in die Tat umgesetzt wurde, regelmäßig schnell das Nachdenken los, wie man es denn doch noch so hinkriegen könnte, dass es gefällt.

Manche Verbesserungswünsche sind durchaus nachvollziehbar, wie etwa das Trachten nach einer Aufhübschung der Hauptwache, immerhin des zentralen Platzes der Stadt, jedenfalls in der Neuzeit. Diese Bemühungen gehören seit langem quasi zum Standardrepertoire des gemeinen Stadtverordneten, hat doch der Umbau 1968 zu einem vergleichsweise monströsen Krater in der Stadt geführt, der die Passanten in den Untergrund zwingt, der seinerseits schlimmer als jede Drachenhöhle daherkommt. Doch ist außer einer kosmetischen Operation vor längerer Zeit dabei nicht sonderlich viel herausgekommen, und jetzt erfährt man auch, warum: Die VGF, also die Betreiberin der U-Bahn, ist Herrin des Gesamtbauwerks, doch die fürchtet die Folgekosten, die aber ohnehin auf sie zukommen werden, und sie kann wohl Verkehr betreiben, nicht aber Flächen adäquat organisieren. Ob es letztlich doch irgendwann einmal dazu kommen wird, dass aus dem Loch um das historische Gebäude herum wieder ein Platz werden wird, steht in den Frankfurter Sternen, und die sieht man bekanntlich wegen der herrschenden Lichtverschmutzung nicht. Der Grundfehler liegt aber in der Orientierung früherer Verkehrspolitik an dem Grundsatz, Fußgänger und Straßenbahn unter die Erde zu verbannen, damit oben das Automobil freie Fahrt hat. Umgekehrt wäre es selbstverständlich sinnvoller gewesen; aber darauf zu hoffen, endlich einmal die Verkehrsplanung vom Kopf auf die Füße zu stellen, dürfte sich als utopisch erweisen.

8.4.2019

8.4.2019

Wenn die Reise nach Hamburg führt und dort die U-Bahn benutzt wird, wird dem Mosaik Frankfurter Unzulänglichkeiten ein weiteres Steinchen hinzugefügt. Ja, Reisen bildet, und das Schlimme daran ist, dass man dann so richtig mit der Nase drauf gestoßen wird, was zuhause besser sein könnte.

Die neuesten U-Bahn-Züge der Hamburger Hochbahn schweben nur so auf den Gleisen. Man hört weder Fahrgeräusche noch wird man durch das hierzulande übliche Ruckeln beim Fahren unsanft aus dem Sitz geschleudert. Dieser wiederum offeriert die nötige Breite, um das Gesäß in vollem Umfang daselbst ohne Probleme zu platzieren, und bietet auch noch jede Menge Beinfreiheit; dass es so etwas überhaupt gibt, wagt der Frankfurter Pendler kaum zu glauben, erlebte er es nicht gerade selbst. Die Fahrt, deren Länge etwa der Strecke von der Hauptwache zum Nordwestzentrum entspricht, ist ein einziger Genuss – sogar eine Unterhaltung ist möglich, ungestört von Fahrgeräuschen oder den in Frankfurt ständig nervenden und entsetzlich bläkenden Lautsprecherstimmen, die langatmig Unverständliches ansagen. Offenbar investieren die Hamburger in Qualität. Und ich schreibe von der mittlerweile fünften Generation von Zügen, die ich in Hamburg, seit ich das erste Mal dort war, erleben durfte. Das ist ein kürzerer Zeitraum, als es in Frankfurt überhaupt eine U-Bahn gibt. Doch da hat die VGF es mit großer Mühe ächzend geschafft, in vierter Generation die derzeit fahrenden Kisten bei Bombardier zu bestellen und wenigstens mal für ein einheitliches Modell zu sorgen; immerhin, nachdem jahrelang offenbar die Connections zur DueWag befriedigt werden mussten, die schon die ollen Straßenbahnen baute. Aber eben keine Stadtbahn. Man darf gespannt sein, ob die Verantwortlichen irgendwann einmal eine Besichtigungstour dahin machen, wo man weiß, was U-Bahn heißt.

4.3.2019

4.3.2019

Jetzt spielen die großen Jungs wieder mit den großen Lego-Steinen, ganz massiv. Die Fastnachts-Umzüge (glücklicherweise ist diese ganze Narretei in zwei Tagen rum) müssen gesichert werden; dazu werden verstärkt die Beton-Kästen aufgestellt, die Lastwagenfahrer mit bösen Absichten daran hindern sollen, die Narren vorsätzlich umzufahren. An allen Endpunkten des Stadtteils, der morgen gesperrt und dann ein Tollhaus werden wird, werden sie heute schon aufgestellt, diese grauen Ungetüme, beobachtet jeweils von Polizeistreifen und hertransportiert auf Riesen-Lastern. Klar, dass dasselbe dann nochmals am Mittwoch geschehen wird, nur andersrum.

Nun ist ja klar, dass es einen beklagenswerten Grund für diese Vorsichtsmaßnahmen gibt. Aber wer glaubt denn im Ernst daran, dass dadurch Terroristen, die einen Anschlag vorhaben, an dessen Ausführung tatsächlich gehindert werden? Das ist doch alles nur Sicherheits-Kosmetik, die den Eintritt des Ernstfalls nicht ausschließen kann – mörderische Phantasie kennt keine Grenzen. Und dennoch stehen an zentralen Orten wie der Alten Oper oder der Hauptwache diese Hässlichkeiten das ganze Jahr über herum, versperren Wege und verschandeln das Stadtbild. Wie wäre es, der Wahrheit ins Auge zu sehen und klar einzugestehen, dass absolute Sicherheit nicht gewährleistet werden kann? In diesem Sinn kann man tatsächlich von einer „Macht des Schicksals“ sprechen, denn was alles passieren kann, wissen wir sowieso nicht.