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Schlagwort: Lieferdienste

28.1.2019

28.1.2019

In der Pizzeria sitzt außer mir nur ein einziger Gast. Stumm blickt er auf die Straße hinaus, auf sein Mittagsmahl wartend. Aus dem Radio tönt, wie immer, halblaut – gerade so, dass es nicht stört – seichte Musik. Aber, wie gesagt, die hört man ja kaum. Der Chefe steht hinterm Tresen und verschränkt die Arme, guckt ebenfalls Richtung Straße. Erstaunlich, dass es zur mittäglichen Essenszeit hier so ruhig ist. Jedenfalls anders als an anderen Tagen zur selben Zeit.

Ja, das sei halt der Januar, meint Chefe. Das sei kein guter Monat. Die Leute hätten im Dezember ihr ganzes Geld ausgegeben, da bleibe nix mehr fürs Essengehen im Januar. Und dann auch noch das Wetter! Nass, kalt, grau, da wolle ja keiner vor die Tür. Und außerdem: Mittlerweile ließen selbst die Büroleute den Lunch liefern, wenn’s ihnen zu nass sei, um vor die Tür zu gehen. Ja, die Bequemlichkeit… und fast alle Restaurantbetreiber machten dabei mit, bei den Lieferdiensten; müssten sie ja, sonst hätten sie weniger Umsatz. Da gehe dann eben keiner mehr so schnell ne Pizza holen. – Als der Chefe mal schnell nach hinten geht – ist ja eh keiner da -, kommt sein Mitarbeiter aus der Küche nach vorn, schaut in die Runde, lächelt und prüft aufmerksam die Pizza im Ofen. Nimmt eine Bestellung zweier neu hinzugekommener Hungriger auf, bereitet vor und legt dann meine Pizza auf das Schneidbrett, verteilt Rucola und Parmesan darauf. Und mit einer Hingabe, die mich wohlig erschauern lässt, träufelt er noch gerade die richtige Menge Olivenöl darüber. E bene, es ist angerichtet. Dieser Mann hat eine Seelenruhe, und er genießt sein Tagewerk. Und die gute Stimmung steckt die Kunden an. Auf jeden Fall mich. Der nasskalte Januar, die Lieferdienste, man muss ihnen fast dankbar sein – sie schaffen Raum für meditative Mittagspausen, selbst in der Pizzeria!