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Schlagwort: Willy-Brandt-Platz

20.1.2020

20.1.2020

Spätestens der heutige Gang durch Sachsenhausen anläßlich eines Arztbesuchs hat gezeigt: Frankfurt als Ganzes ist doch nicht so unwirtlich. Im Vorgriff auf eine wegen einer der mittlerweile üblich gewordenen Betriebsstörungen zu erwartende Verzögerung im U-Bahn-Tunnel entfloh ich der Bahn schon am Willy Brandt-Platz und legte den Rest des Wegs bis zum Südbahnhof zu Fuß zurück, bei herrlichem Sonnenschein. Obwohl die Schweizer Straße sehr belebt war – kein Vergleich zu der Enge und Hektik, die die Leipziger Straße so unwirtlich macht!

Und spätestens abseits des Schweizer Platzes kehrten auf den Straßen, gesäumt von herrlichen Gründerzeithäusern, eine besinnliche Stimmung und die Ruhe ein, die ich in Bockenheim vermisse und auch nie finden werde. Die ganze Umgebung wirkt auch nicht so schrecklich verranzt, verwahrlost, verkommen wie die Straßen und Gassen im Westen der Stadt. Vorgärten, in denen Vögel zirpen; beschauliche Gemächlichkeit auf den Gehwegen. Und gleichwohl dicht erschlossen und „mittendrin“. Auch in dem zufällig entdeckten Café, in dem ich das Mittagessen einnahm, Ruhe und Gelassenheit, obwohl gut besetzt; stilvolle Möblierung und aufmerksam-zuverlässige Bedienung. Ich nähme den doppelt so weiten Weg zur Arbeit gern in Kauf…

23.11.2019

23.11.2019

Erstaunlich, welche Prioritäten die Menschen an einem Tag wie diesem setzen – die Sonne kommt ausnahmsweise einmal durch den Hochnebel über Frankfurt durch, es schimmert hell, die Temperaturen entsprechen nicht unbedingt der Jahreszeit, doch auf dem Weg in die Stadt füllt sich die U-Bahn zunehmend und spätestens an der Hügelstraße wähnt man sich im dicksten Berufsverkehr. Nun, vielleicht stehen dann nicht so viele Kinderwagen in der Bahn wie heute und sind eher Einzelpersonen als ganze Familienstämme unterwegs. Aber klar ist, wo die alle hinwollen: An der Hauptwache und am Willy-Brandt-Platz leert sich die Bahn. Das Ziel ist die Zeil; es wird mal wieder geshoppt.

Halt, nicht zu früh den Stab brechen… letzten Samstag herrschten noch schlimmere Verhältnisse (bei allerdings noch um weites schönerem Wetter) im Städel, da alle sich anschauen wollten, wie das Museum den van Gogh präsentiert. Mir steht an solchen Tagen der Sinn danach, einfach so lange wie möglich draußen zu sein, am besten in der Ruhe eines Waldes oder auf freiem Feld, etwa an der Nidda. Na ja, Ruhe… zumindest am Niddaufer muss man auch höllisch aufpassen, nicht von einem der wilden Biker umgefahren zu werden, die im Renndress ihren Ausgleich zur Bürowoche suchen; und gejoggt wird dort im Minutentakt. Voll ist es auch da. 750 000 Einwohner…

26.2.2019

26.2.2019

Habe ich morgens einen Termin in der City und schüttet der Himmel weder Schnee, Hagel noch Regen über der Stadt aus, gönne ich mir meistens einen kleinen Gang an der frischen Luft. Wenn die Innenstadt erwacht, herrscht auch hier noch ruhige, gemächliche, erwartungsfrohe Atmosphäre, die an Sonnentagen wie heute noch stimmungsvoller wirkt. Im Innenhof des Römers begegnet mir selbst schon zu dieser frühen Stunde eine Gruppe erkennbar asiatischer Reisender, denen vermutlich gerade eine historische Lektion über den Kaisersaal erteilt wurde und die nun in Richtung Römerberg und Altstadt weitereilen.

Beginnend am Willy Brandt-Platz, ist es auch ein Weg durch die Architekturgeschichte der Nachkriegsära, der binnen weniger Minuten, gleichsam im Zeitraffer, auf drastische Weise die ganze Palette Frankfurter Planung und Bauweise illustriert. Zunächst vorbei an den einfallslosen, kühl-geradlinig emporragenden Gebäuden, die in extremer Verdichtung auf dem ehemaligen Degussa-Gelände errichtet wurden und in denen jeder Sonnenstrahl schlicht verschluckt wird; dann – im Anschluss an das historische Gebäude des Karmeliter-Klosters mit dem Museum für Vor- und Frühgeschichte, eine trefflich restaurierte Augenweide – werden die nüchternen, rein zweckmäßigen und auch äußerlich billigen Wohn-Zeilen aus den fünfziger Jahren passiert, mit denen Frankfurt in Konkurrenz zu Städten wie Hildesheim oder Teilen von Kassel steht – großstädtisch wirkt hier nichts; und zuletzt dann der Römerberg als Tor zur Altstadt. Hier kann man morgens noch jeden Löffel fallen hören. Ein verweilender Blick über das Oval des Platzes zeigt: Mit dem neuen Historischen Museum ist den Planern tatsächlich eine stimmungsvolle Arrondierung gelungen, die die Öffnung zum Main hin angemessen verengt und einen wirklichen Raum entstehen lässt, aber auch als Bauwerk einen gelungenen Akzent setzt – und zudem noch ästhetisch aussieht. Und dann setzt auch noch das mächtige Dom-Geläut ein… Ja, Frankfurt hat jetzt doch so etwas wie ein Herz.

22.2.2019

22.2.2019

Die „Blaue Stunde“ ist vorwiegend dem späten Herbst und auch dem späten Winter vorbehalten, mit Übergriffen bis in den Vorfrühling. Jene Stunde, in denen selbst eine Stadt wie Frankfurt als mystisch und geheimnisvoll erscheinen kann. Jedenfalls entsteht in den Minuten, in denen sich bei wolkenlosem oder nur spärlich bedecktem Himmel das – mehr oder minder – helle Licht des Nachmittags in das pastöse Leuchten der Dämmerung verwandelt, eine besondere, anheimelnde Atmosphäre. In der Stadt selbst erlebte ich das zuletzt vor einer Woche am Willy-Brandt-Platz: Die strahlend violette Beleuchtung durch die niedergehende Sonne tauchte die Hochhäuser rund um den Anlagenring in einen majestätischen Schimmer, den die glänzenden Fassaden wieder zurückwarfen, und in solchen Momenten ist es pure Nebensache, dass neben den Anlagen der abendliche Berufsverkehr die Straßen zu einem unsicheren, unwirtlichen Ort macht.

Heute genoss ich dasselbe Schauspiel in Heddernheim. In diesem Licht wirkt der ohnehin schon ruhige Stadtteil wie eine Oase der Entspannung, vor allem, wenn es nahezu windstill ist. Der sich in aller Seelenruhe stetig verdunkelnde Himmel spiegelt optisch die Stille, die zu dieser Stunde dann einkehrt, wenn nicht gerade ein Güterzug über die Gleise der Main-Weser-Bahn rauscht. Doch selbst diese Geräusche erwecken zu dieser besonderen Tageszeit nicht Unmut, sondern Fernweh. Und während langsam das purpurne Leuchten der Dunkelheit weicht, wandelt sich im Innern die Anspannung der vergangenen Woche in ruhige Freude auf das nun beginnende Wochenende. Zum Glück diesmal ohne Stadion!