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Autor: admin

25.2.2019

25.2.2019

Das sonnige Hochdruckwetter der letzten Tage hat eine besondere Wirkung. Über der Stadt liegt eine nahezu unwirkliche Ruhe. Beim gestrigen Spaziergang entlang der Nidda schon deutlich wahrzunehmen – kein Laut dringt von den benachbarten Schnellstraßen ans Ohr; dafür hört man jede Schwimmbewegung der Enten auf dem Fluss mit mikroskopischem Detailreichtum: Geräusche vereinzeln sich und schweben durch die Luft. Und die Ruhe dringt in den Körper und führt zu meditativer Tiefenentspannung.

Auch heute noch, zum Beginn der neuen Woche, setzte sich das fort, selbst in urbanerer Umgebung. Am Bornheimer Uhrtürmchen herrscht frühmorgens zwar noch winterliche Kühle, doch die Atmosphäre hat schon fast Sommercharakter. Auch hier herrscht vor allem Ruhe, und was liegt dann näher, als ein Frühstück bei einem französischen Maitre Boulanger/Patissier einzunehmen und sich auch mental nach Frankreich zu beamen… Die Croissants und Baguettes sind „origine francaise“ (man verzeihe die nicht originale Schreibweise, aber ich finde die Taste für das nötige Sonderzeichen nicht), und auch der Kaffee schmeckt wie in Nancy oder Strasbourg, eben französisch. Das kann nicht ohne Nachtisch abgehen, die Patisserie-Theke ist zu verlockend!

24.2.2019

24.2.2019

Wir befinden uns in der Hochzeit der Fassenacht. In Klaa Paris, wie Heddernheim dieser Tage nur noch genannt wird, tobt der Bär. Herren- und Damen-Sitzungen wechseln sich mit Kreppelkaffee und Bällen ab, wo die Narren tanzen. Und heute war mitten am Tag das traditionelle Gardetreffen am Clubhaus. Da kommen die Garden von nah und fern (bis aus dem Odenwald!) zusammen und vertreiben sich – wenn’s Wetter schön ist – auch draußen die Zeit bei Grillwurst und natürlich erheblichen Mengen hochprozentiger Flüssigkeit.

Schon als Kind habe ich gestaunt über die stattlichen Herren in ihren ordenverzierten Uniformen, vor allem aber über die Narrenkappen. Heute erstaunt mich eher, dass es das alles immer noch so gibt. Als wäre die Zeit stehen geblieben. Lustiges Treiben ist das eine; warum nicht. Aber diese Parallelwelt, die da in aller Regelhaftigkeit und hierarchischen Struktur nachgebildet wird, wo das Patriarchat noch verherrlicht wird und wo sogar der Humor verordnet ist… und die doch nur dem Zweck dient, nach allen Regeln der Kunst die Sau rauszulassen – muss sowas im Jahr 2019 wirklich noch sein oder lassen sich nicht vielleicht doch dem heutigen Entwicklungsstand der Menschheit angemessenere Möglichkeiten finden, sich zu amüsieren? – Oh, da haben wir es. Vielleicht unterstelle ich einen Entwicklungsstand, den es gar nicht gibt?

23.2.2019

23.2.2019

Der Polizeieinsatz im Stadion am Donnerstag hat in der Presse eine immer noch andauernde Resonanz. Zu Recht. Wo die Polizei rechtliche Grenzen missachtet, muss der mahnende Zeigefinger gehoben werden. Selbst in der FAZ finden sich hierzu überzeugende Worte, die man den Journalisten dieser Zeitung noch vor 10 Jahren nicht zugetraut hätte.

Zeitungen sind im Zeitalter der digitalen Kommunikation verstärkt selbst Foren öffentlicher Auseinandersetzung geworden. Artikel wie solche zum Polizeieinsatz im Stadion bleiben natürlich nicht unkommentiert, wenn die Zeitung die Möglichkeit digitaler Leserbriefe eröffnet, was Lesern, die im Wege der Registrierung ihre Anonymität preisgeben, heutzutage einfach durch die per Sprechblase angezeigte Kommentarfunktion in der Internet-Variante des Blatts ermöglicht wird. Da wird einem dann schon klar, dass der Wandlung der Zeitung vom erzkonservativen zum eher freimütig-liberal-kritischen, zumindest aber pluralistischen Organ wohl nicht das Motiv zugrunde gelegen haben kann, einer ebenso offener gewordenen Leserschaft Rechnung zu tragen. Oh je, manche der Lesermeinungen scheinen nach dem Stammtisch-Besuch geschrieben worden zu sein oder bedienen doch eindeutig stramm reaktionäre Sichtweisen, die den „Völkischen Beobachter“ seinerzeit sicher in Entzücken versetzt hätten. Nun, wir leben halt in einer sehr gemischten Gesellschaft… aber etwas mehr Bildung und Gedankentiefe hätte ich von den „klugen Köpfen“, die hinter dieser Zeitung stecken, schon erwartet.

22.2.2019

22.2.2019

Die „Blaue Stunde“ ist vorwiegend dem späten Herbst und auch dem späten Winter vorbehalten, mit Übergriffen bis in den Vorfrühling. Jene Stunde, in denen selbst eine Stadt wie Frankfurt als mystisch und geheimnisvoll erscheinen kann. Jedenfalls entsteht in den Minuten, in denen sich bei wolkenlosem oder nur spärlich bedecktem Himmel das – mehr oder minder – helle Licht des Nachmittags in das pastöse Leuchten der Dämmerung verwandelt, eine besondere, anheimelnde Atmosphäre. In der Stadt selbst erlebte ich das zuletzt vor einer Woche am Willy-Brandt-Platz: Die strahlend violette Beleuchtung durch die niedergehende Sonne tauchte die Hochhäuser rund um den Anlagenring in einen majestätischen Schimmer, den die glänzenden Fassaden wieder zurückwarfen, und in solchen Momenten ist es pure Nebensache, dass neben den Anlagen der abendliche Berufsverkehr die Straßen zu einem unsicheren, unwirtlichen Ort macht.

Heute genoss ich dasselbe Schauspiel in Heddernheim. In diesem Licht wirkt der ohnehin schon ruhige Stadtteil wie eine Oase der Entspannung, vor allem, wenn es nahezu windstill ist. Der sich in aller Seelenruhe stetig verdunkelnde Himmel spiegelt optisch die Stille, die zu dieser Stunde dann einkehrt, wenn nicht gerade ein Güterzug über die Gleise der Main-Weser-Bahn rauscht. Doch selbst diese Geräusche erwecken zu dieser besonderen Tageszeit nicht Unmut, sondern Fernweh. Und während langsam das purpurne Leuchten der Dunkelheit weicht, wandelt sich im Innern die Anspannung der vergangenen Woche in ruhige Freude auf das nun beginnende Wochenende. Zum Glück diesmal ohne Stadion!

21.2.2019

21.2.2019

Abends mal wieder Fußball – Europa-League. Das ist in Frankfurt ja immer ein ganz besonderes Ereignis, da die Fans aus dem Häuschen sind und eine Riesenstimmung im großen Oval des Waldstadions erzeugen. Heute fehlt allerdings das Sahnehäubchen, die „Choreo“ vor Spielbeginn. Ich las gerade auf einem Plakat an der Tribünenmauer die Instruktionen für die nicht in der Fan-Szene engagierten Zuschauer, als zwei offenkundig wutentbrannte Eintracht-Fans die Plakate herunterrissen und mürrisch mitteilten, dass die Choreo ausfällt.

Als Grund stellte sich später ein Polizeieinsatz vor dem Spiel heraus, bei dem nicht nur Fans und die Tribünen einschließlich der dahinterliegenden Innenräume auf etwaige Pyrotechnik-Vorräte durchsucht wurden (was immerhin sogar gerichtlich angeordnet worden war), sondern auch ein angeblich „unseren Staatsminister“ (so ein Polizeisprecher heute in der FAZ) verunglimpfendes Banner beschlagnahmt worden war, worauf die Fans sich provoziert fühlten und die Choreo absagten. Mag der Polizeieinsatz durch die – mit Verlaub – schwachsinnigen Äußerungen des offenkundig benebelten Eintracht-Präsidenten am Tag zuvor noch seine Rechtfertigung finden – der Präsident drohte immerhin, das Stadion werde „brennen“ – , so kann die alberne Aktion der Beschlagnahme eines Banners nur befremden. „Unser Staatsminister“ (gemeint ist der hessische Innenminister, der seinerseits vor Wochen kräftig-derb Gefängnis-Strafen für zündelnde Fans forderte) hat es hinzunehmen, wenn er kritisiert wird; und erst recht hat sich die Polizei bei all dem rauszuhalten, selbst wenn das Banner tatsächlich einen beleidigenden Inhalt gehabt hätte: Beleidigung wird nur auf Antrag des Betroffenen strafrechtlich verfolgt; polizeiliches Handeln zur Prävention war folglich unzulässig und zudem völlig unverhältnismäßig. Und die Zeiten, da Amtsträger als solche und ohne weitere Voraussetzungen besonderem polizeilichem Schutz unterlagen, sind zum Glück lange vorbei. Oder etwa doch nicht, zumindest in Hessen?

20.2.2019

20.2.2019

Phantasie muss heute schon aufgewendet werden, wenn man beachtet werden will. Ladengeschäfte (oh je, wie technokratisch) werden in moderner Zeit nicht mehr so einfach als „Gemüse-Laden“ (ihhh, 50er Jahre) oder auch „Hessen-Shop“ (na ja, wenigstens 90er, und der Begriff suggeriert immerhin Weltläufigkeit, selbst wenn der Laden nur Regionales im Angebot führt) annonciert. Der Name muss schon origineller ausfallen, gell! Zum Beispiel „gramm.genau“; nur dass man da zwar vermuten kann, dass irgendwas gewogen werden dürfte – aber was? Insofern könnte etwas mehr Aussagekraft angebracht sein, wie zum Beispiel bei „Scherenhände“. Da verengt sich die Zahl potenzieller Dienstleistungen, die unter dieser Firma erhältlich sind, doch schon deutlich. Und nein, es ist kein Schneidergeschäft! „Haarscharf“ könnte dagegen wieder etwas daneben sein; sozusagen haarscharf…

Beim „Brühmarkt“ in Bockenheim gibt’s keine Suppen, sondern anderes Gebrühtes, und auch die Brühware wird verkauft. Aber da bekommt auch die für das heimische Brühen zu erstehende Ware Bezeichnungen, die aus der Reihe tanzen – „Fielgut“, „Full of Spritz“, „Käschual“ oder „Rieweivel“, um nur einige zu nennen. Ist aber ja bei näherem Hinsehen nur Schreib-Akrobatik, wie der Kundige der englischen Sprache schnell merkt. Doch immerhin: sie passen, wie die zahlreichen Proben aufs Exempel bestätigten. Und da sich sicher niemand von einem „Broth-Market“ angezogen fühlte, ist es verständlich, dass man beim Namen des Ganzen selbst wieder auf die deutsche Sprache zurückgriff.

19.2.2019

19.2.2019

Das Thema Motorsägen beschäftigt offenkundig nicht nur mich. Heute saß ich auf der Bank an der Nidda kurz in der Sonne und wurde Zeuge des sehr klaren Bewusstseins mehrerer Kinder für die Geschehnisse in ihrer Umgebung, die mit drei Erwachsenen dort ebenfalls das Wetter genossen – ob man denn wirklich weitergehen wolle?, fragten sie. Da die Begleitpersonen augenscheinlich nicht verstanden, präzisierte ein Kind: „Da vorne werden doch Bäume gefällt, ist das nicht gefährlich?“ Nun, das Kind hatte einen siebten Sinn, denn sehen konnte man von dort gar nichts, wohl aber hören; und zwar genau die Geräusche, die im gestrigen Beitrag beschrieben worden sind. Das nenne ich Wachheit! Die Begleitpersonen sahen darin allerdings keine Gefahr, sodass die Gruppe ihren Weg fortsetzte.

So werden wir von klein auf an die Merkwürdigkeiten unseres modernen Lebens gewöhnt, auf dass wir sie nicht mehr als merkwürdig empfinden. Mir hat es als Kind das Herz gebrochen, wenn ich abgesägte Baumstämme irgendwo liegen sah. Muss dieses Gefühl absterben, wenn man erwachsen wird? Klar: Einen kranken Baum, der womöglich Gefahr für Menschen bringen kann, den kann man schon beseitigen. Doch darum geht es ja meist nicht. Die übertriebene Manier, in der das Grün heutzutage „gepflegt“, frisiert, in Form gebracht wird, kann auch mit den phantasievollsten Worthülsen, die da immer bemüht werden, nicht schöngeredet werden – der Mensch macht sich die Erde untertan, wie es in der alten Bibel steht, und so wird eben auch die Natur passend gemacht. Ohne Ehrfurcht vor dem, was da während teilweise Hunderten von Jahren still gewachsen ist.

18.2.2019

18.2.2019

Jetzt ist wieder die Zeit der kreischenden Sägen. Nicht Vogelgezwitscher, sondern das markerschütternde Knattern und Brummen der Motorsägen ist Begleiter bei der morgendlichen Tour durch den Volkspark Richtung Arbeit. Und selbst am späten Nachmittag sind sie noch da, die wie Weltraumfahrer verpackten Männer mit ihren notwendig überdimensionierten Ohrenschützern, die bei wunderschönem Wetter nüchtern ihrem Tagwerk nachgehen, das darin besteht, den Baumbestand zu regulieren.

Auf den Wagen, die sie hierher bringen, steht zwar immer der euphemistische Begriff „Baumpflege“. Wir wissen alle, was damit wirklich gemeint ist; aber dieses Wort verleiht dem martialischen Handwerk wenigstens einen halbwegs freundlichen Klang, selbst wenn es die Tatsachen in ihr Gegenteil verkehrt. Man fragt sich unwillkürlich, wie es in Vorzeiten der Wald schaffen konnte, Wald zu werden und – vor allem – zu sein und zu bleiben. Erst durch das geschulte Pflegen, das sich diese Männer dankenswerterweise aufs Panier geschrieben haben, durch gezielte Behandlungsmaßnahmen wie Auslichten, Kürzen, aber eben auch Fällen kann doch Baum- und Waldwuchs überhaupt erst entstehen! Oder sehe ich da etwas falsch? Wer möchte denn heutzutage noch in den Urwäldern laufen, die früher mal das ganze Bundesgebiet begrünt haben? Ok, damals gab es noch keine irreguläre Erderwärmung; aber man kann doch nicht einfach Wald und Flur sich selbst überlassen…

17.2.2019

17.2.2019

Heute habe ich die Wahl zwischen Scylla und Charybdis. Entweder meckere ich über die Frankfurter Verkehrsgesellschaft (die immer noch nicht begriffen hat, dass Frankfurt in den letzten paar Jahren um knapp 100 000 Menschen gewachsen ist; die öffentlichen Verkehrsmittel fahren aber immer noch nach dem Leitbild der 60er Jahre, als niemand am Wochenende in die Stadt wollte, sodass man mit Kurzzügen den Verkehr bedienen konnte – das geht heute eben nicht mehr, auch am Sonntag nicht – siehe das Kaleidoskop vom 3.2.) oder über die Frankfurter Verkehrspolitik in puncto Radwege (da war ich auf meinem Weg ins Stadion auf der ganzen langen Mörfelder Landstraße wieder mit dem typischen Frankfurter Stückwerk konfrontiert; ich empfehle den Verantwortlichen einen Besuch in Kopenhagen).

Ich wähle ein Drittes. Kluge Psychologen sagen ja, die menschlichen Gefühle werden gesteuert durch das, was man (mental) füttert… also lobe ich das herrliche Wetter, das ich mir von diesen Nebensächlichkeiten nicht madig machen ließ, und auch nicht vom Gegentor, das die Eintracht kurz vor Schluss noch kassierte. Nein, Bewegung in frischer Luft bei frühlingshaftem Sonnenschein tut einfach gut, auch das Sitzen in der Sonne vor dem Spiel, und da ist es doch herzlich wurscht, dass die Frankfurter so vieles nicht hinbekommen. Wann hatten wir so eine wärmende Sonne zuletzt, mitten in einem Februar?

16.2.

16.2.

Auch Richtung Süd-Westen an der Nidda entlang wähnt man sich in Feld und Flur, aber nicht auf der Gemarkung einer Großstadt. Zwar muss man Praunheim und Rödelheim passieren, aber städtisch wirkt auch das nicht. (Das Schöne an Rödelheim ist übrigens die Verpflegungsstation für den noch nicht so erschöpften Radfahrer, eine Confiserie mit Leckereien französischer Machart, aber hausgemacht. Nur muss man achtgeben, rechtzeitig vor Geschäftsschluss dort einzutreffen, also mindestens eine Viertelstunde vorher; sonst wird man freundlich wieder hinauskomplimentiert, und die Auslage ist auch leer.) Zwischen Rödelheim und Nied wird’s dann sogar fast abenteuerlich. Die letzte Staustufe wurde nämlich naturnah gestaltet; die Nidda teilt sich und wird zum rauschenden Fluss, der große Felsbrocken überspült. Da kommen durchaus Erinnerungen an die Gorges du Tarn auf, wenn auch hier eine Gorge schlechterdings fehlt. Aber rauschen tut’s genauso.

Am Mainufer in Höchst stehen die hohen Pappeln nicht mehr. Dafür sind jetzt Kastanien (oder Ahorn? Man muss es ja derzeit anhand der Baumrinde herausfinden… ) in schöner Doppelreihe gepflanzt und zwei parallel verlaufende Wege begleiten den Fluß, einer für Fußgänger und der andere für Radfahrer. Wie fürsorglich doch manchmal die Stadtplaner denken! Die Gefahrenvorsorge hatte freilich nicht hinreichend im Blick, dass die Realität doch zuweilen von der Idee abweicht. Gruppenweise tummeln sich Spaziergänger auf dem (geteerten) Radweg, während nebenan auf der platt gewalzten Erde für die Fußgänger immer mal wieder ein Radfahrer die Bank passiert, auf der ich mich niedergelassen habe, die Höchster Altstadt im Blick und von der Sonne beschienen. Zum Glück passierte trotz hoher Verkehrsdichte nichts…