26.2.2021

26.2.2021

Dieses Jahr ist wieder ein Wahljahr. Als erstes dürfen wir in gut zwei Wochen die Demokratie auf der kommunalen Ebene praktizieren: Stadtverordnete und Ortsbeiratsmitglieder werden gewählt; doch was vordem – und jahrzehntelang – eine ganz einfache Sache war, entpuppt sich so langsam als ein Labyrinth des Grauens, welches insbesondere das Fassungs- und Handlungsvermögen älterer Mitbürger vor große Herausforderungen stellen dürfte. Das ist keineswegs diskriminierend gemeint, sondern erfahrungsgeprägt – wie oft musste ich in den Zeiten, als ich selbst noch regelmäßig als Mitglied von örtlichen Wahlvorständen fungierte, dafür sorgen, dass die Wahlkabinen nur allein – und nicht ehepaarweise – aufgesucht wurden, und das eben vorwiegend bei Personen jenseits der 70…

Die heute ins Haus geflatterten Stimmzettel (in Corona-Zeiten wird natürlich vorzugsweise per Brief gewählt) sind nicht nur rein physisch wahre Ungetüme. Name an Name und Liste an Liste reihen sich da, der Zettel erreicht aufgefaltet Tischplattengröße, aber das Schlimmste: Man hat 93 Stimmen, die man auf einzelne Kandidaten verteilen kann (bloß nicht verzählen!), aber auch auf eine der mehr als 20 Listen. Das ist zwar einerseits ganz nett, weil man auch Personen wählen kann, die man mag, die aber auf der Liste einer Partei stehen, die man nicht mag. Andererseits stellt sich die Frage, ob damit nicht doch des Guten zuviel versucht wird. Das Kumulieren und Panaschieren mag ein Vergnügen sein, wenn die Kandidaten persönlich bekannt sind, wie etwa auf dem Land oder in Kleinstädten, wo man – außer derzeit – am Stammtisch in der örtlichen Kneipe mit den Mandatsträgern auf ein Bier sitzen und die kommunalen Probleme hin- und herwälzen kann. Haben Sie das in Städten wie der Heimat des Kaleidoskops schon mal praktiziert? Mir jedenfalls saß weder Herr Feldmann noch sonst eine gewichtige Person des öffentlichen Lebens irgendwo irgendwann zum Plausch gegenüber, und wer kennt die zu Wählenden denn überhaupt von Angesicht zu Angesicht? Und wenn Hunderttausende Wahlberechtigte von Herzen jeweils 93 separate Kreuze machen, dann Gnade den Stimmenauszählerinnen und -auszählern! Dass so etwas dann tatsächlich irgendwelche nennenswerten Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Stadtverordnetenversammlung oder die von den Parteien beschlossene Reihenfolge auf den Listen sollte haben können, müsste noch nachgewiesen werden. Mehr Demokratie wird damit jedenfalls nicht gewagt.


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