20.12.2021

20.12.2021

Es ist schon seltsam, welche Gefühle Veränderungen auslösen können. Durch ein Hinweisschild an der Eingangstür gibt die benachbarte Tankstelle ihre im Januar bevorstehende endgültige Schließung bekannt. Prompt finden sich in den sogenannten sozialen Medien Bekundungen von Bedauern, ja sogar Trauer. Der Verlust einer „Institution“ wird beklagt; mit dem Stadtteil gehe es gar bergab.

Allerdings: Die Tankstelle war schon immer da, und mit ihr die dahinter gelegenen Garagen, die teilweise noch aus der Vorkriegszeit stammen und zuweilen Schauplatz für Filmaufnahmen waren, die in vergangene Zeiten führten. Aber ist sie damit schon eine „Institution“, deren Verlust den Stadtteil weniger lebenswert macht? Ja, das war eine Art Treffpunkt für viele, nicht nur Autobesitzer; man holte sich Frühstücksbrötchen oder „haaß Worscht“, manche auch die Zeitung mit den vier Buchstaben, oder gab ein Päckchen auf. Zum kleinen Plausch war immer Gelegenheit, und es ist natürlich bedauerlich, wenn das künftig nicht mehr möglich sein wird, weil derartige Plätze tatsächlich immer mehr verschwinden. Doch verliert, wer nur dies in den Vordergrund rückt, Umstände aus dem Blickfeld, die nicht ignoriert werden dürfen: Eine Tankstelle mit Autowaschstraße in einem reinen Wohngebiet ist schon für sich genommen ein riesiger Störfaktor mit bedenklichen Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlergehen der Anlieger, ganz abgesehen von den offenbar festgestellten Verunreinigungen des Erdreichs unterhalb der Garagen, die das Grundwasser gefährden und die wohl Anlass dafür waren, dass die Behörden eine Beseitigung des Erdreichs anordneten – was die Dinge dann ins Rollen brachte. Bedauern ja – aber Trauer: nein!


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