551

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Nicht nur ein Rauschen, sondern gleich einen Sturm im Blätterwald – und in den Aktentaschen derjenigen Mitglieder des amtierenden Deutschen Bundestags, die noch auf gedrucktes Papier Wert legen – verursachte der Umstand, dass die Unionsfraktionen, ebenfalls direkt am Tag 1 nach der Wahl, nicht etwa dem alten Parlament neues politisches Leben einhauchen wollten, sondern umstandslos die parteitaktischen Scharmützel der Wahlkampfzeit fortsetzten, als hätte es weder den Wahltag noch das erschreckende Wahlergebnis gegeben. Die „Kleine Anfrage“ zur Finanzierung von allen möglichen Organisationen der sogenannten Zivilgesellschaft im Umfang von gerade mal 551 Fragen an die nur noch wenige Wochen im Amt sich befindende Bundesregierung soll angeblich die Herstellung von Transparenz über die Verwendung von Steuergeldern zum Ziel haben. Wer’s glaubt.

Transparenz ist ja immer gut. In der Sache ist es gewiss niemandem übel zu nehmen, sich darum zu sorgen, wie der Staat mit unserem Geld umgeht. Aber 551 Fragen, unmittelbar im Anschluss an die Wahl, die vor allem das Ergebnis brachte, dass eine Regierungsbildung nicht so ohne weiteres wird gelingen können? Und wenn gleichzeitig alle bislang als bruchfest angesehenen sicherheitspolitischen Dämme wegbrechen und zur Notwendigkeit führen, so schnell wie möglich mit stabilem Regieren zu beginnen? Müssen der amtierende Bundestag und die noch amtierende Bundesregierung Knall auf Fall noch mit – vor diesem Hintergrund – nachrangigen Sandkastenspielen beschäftigt werden? Mit Verlaub: Hier ging es zuallererst darum, eine Stinkbombe zu schmeißen und Rache für Vorkommnisse im Wahlkampf zu üben, vergleichbar übrigens dem Stil desjenigen, der gerade jenseits des Atlantiks die Strippen zieht. Wie aber verträgt sich das mit der von Friedrich Merz in einem Interview mit der FAZ geäußerten Mahnung, in Deutschland müsse man „zu mehr politischer Geschlossenheit“ zurückfinden? Fazit: Die auch auf dieser Ebene nötige Zeitenwende ist bei den Parlamentariern der Union noch nicht angekommen.

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