Ja, was denn nun?

Ja, was denn nun?

Die Ereignisse überschlagen sich, und man reibt sich verwundert die Augen. Weltpolitische Entwicklungen haben dazu geführt, dass neuerdings auch führende Politiker (und natürlich auch die Politikerinnen) in Deutschland eine Flexibilität und einen Pragmatismus zeigen, der schon vor der Wahl zu wünschen gewesen wäre. Jedenfalls bei CDU, CSU und SPD hört man plötzlich überwiegend Sachtöne – die wahltaktischen Scharmützel, die die politische Bühne vor der Wahl prägten und nicht zuletzt die Wähler in Scharen zur AFD getrieben haben, die aber in jedem Fall den überfällig gewesenen grundlegenden politischen Entscheidungen im Weg standen, sind hoffentlich Vergangenheit.

Man weiß freilich noch nicht, ob die bisher erzielten Ergebnisse der „Sondierungen“ auch im (noch amtierenden alten) Bundestag die erforderliche Mehrheit finden werden. Der FDP kann es nicht übelgenommen werden, wenn sie – gleichsam die Erfinderin des Verfassungsmonsters Schuldenbremse – die Vorschläge zu deren Reform rundweg ablehnt. Schwieriger erscheint es hingegen, der Argumentation der Grünen auch nur einen Ansatz von Plausibilität entnehmen zu wollen. Natürlich hat Merz schlicht die Seite gewechselt und befürwortet nun etwas, was seinen früheren Verlautbarungen nach des Teufels war. Aber muss man sich jetzt in den Schmollwinkel zurückziehen und Fundamentalopposition betreiben, nur weil die vorgeschlagenen Maßnahmen (die vielem von dem entsprechen, was die alte Regierungskoalition noch auf den Weg bringen wollte) nicht auch noch ausdrücklich dem Klimaschutz dienen sollen (wobei selbstverständlich davon auszugehen sein wird, dass Maßnahmen für die Infrastruktur auch einem verbesserten Klimaschutz werden dienen können)?! Das erscheint doch arg vorgeschoben und soll verdecken, dass es hier nur um ein „Ätsch!“ wegen der vorangegangenen Scharmützel und eine politische Kehrtwende in die neue Oppositionsrolle nach der Wahl geht. Dabei werden die besonderen politischen Gegebenheiten nach dem Zusammentritt des neuen Bundestages, insbesondere die Sperrminorität gegen Verfassungsänderungen, schlicht ausgeblendet. Stattdessen müsste es vorrangiges Ziel aller Parteien links von der AFD sein, so schnell wie möglich einen gemeinsamen Nenner zu finden und sich um die drängendsten Probleme der Gegenwart wirksam zu kümmern, solange dies noch möglich ist. Geplänkel im Nachgang zu Kränkungen sind da ebenso fehl am Platz wie fundamentales Mauern.

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