8.5.2019

8.5.2019

Mein Barbier verkündete neulich voller Stolz, er sei in einem Buch erwähnt worden. Ein Kunde, der sich schon im Ruhestand befinde, schreibe so Kommentare und Glossen, unter anderem über die neue Altstadt, und da komme er auch vor. Und sogleich zeigte er mir das ihm vom Kunden überlassene Exemplar des – ja, so nennt sich das Werk – „Sudelbuchs“ (Tucholsky lässt grüßen), und ich konnte es kaum fassen.

Da hat doch tatsächlich einer die gleiche Idee gehabt wie ich! Nur dass er seine Zeilen nicht im Netz veröffentlicht, sondern noch halbwegs traditionell in einem gebundenen „Book on Demand“. Der Untertitel („Vierter Band der Trilogie“) lässt schon, ähnlich wie beim Kaleidoskop, ahnen, in welche Richtung die Texte gehen und dass der interessierte Leser nicht ernste Belletristik oder gar Dramen erwarten darf. Ätzend scharfe Kommentierungen und Verbalakrobatik werden dort geboten, garniert mit einem verschmitzten Lächeln oder weiser Distanz. Ein Bruder im Geiste…

7.5.2019

7.5.2019

Stichwort Rücksichtnahme und Verantwortung – insofern waren die Wahrnehmungen in Bockenheim (siehe das Kaleidoskop vom 3.5.2019) durchaus repräsentativ, auch wenn bei diesem Ereignis viele kleine Teilvorgänge das Ganze ergaben. Mit beidem ist es in Deutschland nicht so weit her, wie täglich erlebt werden kann. Mir fallen unzählige Beispiele ein, in denen Menschen nur an sich dachten oder stur und inflexibel nur darauf beharrten, „im Recht“ zu sein, oder in denen sie sich ohne weiteres Nachdenken einfach mal vor- und die anderen eben zurückdrängten.

Im Straßenverkehr kann man das allerdings besonders häufig und besonders drastisch erleben. Ob es nun die sturen Linksfahrer auf der Autobahn sind, die im Schneckentempo die Spur blockieren, die LKW-Fahrer, die meinen, einen anderen LKW überholen zu müssen, weil sie sich um 0,1 km/h schneller wähnen, oder schlafmützige Autofahrer, die im Kreisverkehr nicht in die Gänge kommen – immer ist die Situation gepaart mit Wurschtigkeit oder Achtlosigkeit gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmern. Und in solchen Situationen erinnere ich mich gern etwa an mein erstes Erlebnis als Autofahrer im fernen Florenz, wo wir seinerzeit nach langer Autobahnfahrt mitten im Berufsverkehr ankamen und ich irgendwie den Weg durch den brodelnden Verkehr zu unserer vorgebuchten Unterkunft finden musste. Damals gab es dort – im Unterschied zu Deutschland – durchaus schon Kreisverkehre, und von Fahrspuren war nichts zu sehen – um den Kreisel führte eine einzige breite Spur, voll mit Autos, die aus allen Richtungen kamen, mehrspurig, aber ohne die gewohnte deutsche Ordentlichkeit; doch meine anfängliche Verzweiflung wich sehr schnell einem angenehmen, entspannten Aufatmen, als ich erlebte, wie sich diese Automasse, die Fahrzeuge dicht an dicht, mäandernd um den Kreisel herumbewegte und jedem das Fortkommen ermöglichte, ohne auch nur einen einzigen auszugrenzen, am Hineinkommen oder Herausfahren zu hindern oder gar auf irgendeiner „Rechtsposition“ zu beharren. Es wäre nachgerade auch lächerlich gewesen. Und das bei den als heißblütig angesehenen Italienern! Die gegenseitige Rücksichtnahme ermöglichte einen steten Verkehrsfluß und niemand musste befürchten, dass das Auto verschrammt werden könnte. Weil jeder wusste: Wir wollen alle irgendwohin, und nur gemeinsam kommen wir weiter.

6.5.2019

6.5.2019

Wir schaffen das moderne Deutschland, warb die SPD 1972 mit ihrem Bundeskanzler Willy Brandt. Darauf warten wir in großen Teilen zwar heute noch, obwohl in der Zwischenzeit mehrere andere Kanzler dieser und einer anderen Partei Ähnliches versprachen (auch die derzeit noch regierende Kanzlerin), einer sogar blühende Landschaften; aber es gibt kleine Teile dieses imaginären Puzzles, die tatsächlich bereits verwirklicht sind.

Das Schönste an Köln ist die Schnellbahnstrecke der Deutschen Bahn, die den Frankfurter in NullKommaNix dorthin bringt. Zugegeben, das ist nun kein Werk der SPD oder einer Bundesregierung; aber die Parteien – in Gestalt der von ihnen in Landesregierungen entsandten Mitglieder – haben seinerzeit doch zumindest daran mitgewirkt, dass diese Strecke in Windeseile errichtet werden konnte. Ein gelungenes Infrastrukturprojekt, das Blitzbesuche in der (fast möchte man sagen: Nachbar-)Stadt am Rhein ermöglicht. Mir persönlich gefällt die Reise von und nach Köln mit der Bahn eigentlich noch besser als der Aufenthalt dort – die Züge sind luftgefedert (wie sonst nur in Frankreich), fahren mit einem irren, aber flexiblen Tempo (die Strecke gestattet die Egalisierung fast jeder Verspätung) und bringen den Reisenden oft zu früh ans jeweilige Ziel – in Köln stand der Zug vor der Einfahrt in den Hauptbahnhof, weil das Gleis noch nicht frei war; in Frankfurt schlich er sich nachgerade an den Bahnsteig, um nicht vorzeitig die Türen öffnen zu müssen. Dieser Nachteil wiegt allerdings weniger schwer als der eigentliche – dass die Fahrt nach viel zu kurzer Zeit schon wieder endet…

5.5.2019

5.5.2019

Besuche in anderen Städten ermöglichen dem geplagten Frankfurter, auch einmal innezuhalten und zu verschnaufen – es geht noch schlimmer… Zwar will sich nicht unbedingt Glückseligkeit einstellen, wenn man Zeuge noch unansehnlicherer Architektur und noch schmuddeligerer Straßenzeilen wird, als sie in manchen Gegenden Frankfurts anzutreffen sind. Aber diese Erfahrung relativiert dann doch den Gesamteindruck und drängt die Verzweiflung angesichts der Unzulänglichkeiten der Heimatstadt etwas in den Hintergrund.

Es spendet in diesem Sinn Trost, der zahlreichen Baustellenzäune ansichtig zu werden, mit denen die viertgrößte Stadt der Republik ausgestattet ist. Oder die Straßen- und Brückenungetüme, die eine menschenverachtende Verkehrs- und Stadtplanung geschaffen hat und die dem Passanten weiteste Umwege zumuten, um eine Straße zu überqueren. Auch die überlangen roten Ampelphasen – natürlich vor allem für die Fußgänger, aber sogar für die Stadtbahn – sind Grund zur Freude, und gar niedlich kommen die Radwege daher, die die Innenstadtringe säumen – tendenziell auf gleichem Niveau wie die Trottoirs und damit unmittelbar gefährliche Situationen provozierend, schmal und kurvig, auf jeden Fall holprig und immer wieder durch Baustellenzäune jäh und unversehens abgekürzt. Wie gelungen erscheinen demgegenüber die mittlerweile durchgehend verbreiterten Radwege auf der Eschersheimer Landstraße – leider nur stadteinwärts -, die da liegen, wo sie hingehören, nämlich (weitgehend) auf der Fahrbahn, und die nur am Eschenheimer Tor noch durch eine private Baustelle gestört werden, ansonsten aber freie Fahrt bieten!

3.5.2019

3.5.2019

Heute begegnete mir im Niddapark auf dem Weg zur Arbeit der erste Radfahrer mit Handy am Ohr. Also doch nicht nur die Radfahrerinnen. Im Unterschied zu der Situation von neulich befand er sich allerdings auf einem geraden Weg, eine Kurve oder gar Unterführung drohte nicht, und man konnte ihn – und er die Umgebung – gut sehen. Trotzdem.

In Bockenheim herrschte dann auf der Kreuzung Landgrafenstraße/ Leipziger Straße das pure Chaos. Stillstand. Mitten auf der Kreuzung ein Auto; von links ebenso, beide wussten nicht, wer jetzt fahren darf. Radfahrer dazwischen, die abwarten mussten, wer sich in Bewegung setzt, um nicht unter die Reifen zu kommen. Und an jeder Straßenseite Fußgänger, die die Straßen überqueren wollten, sich aber nicht trauten. Ursache des Dilemmas war ein PKW in der Landgrafenstraße, der direkt vor der Kreuzung verbotswidrig in der zweiten Reihe stand, natürlich mit Warnblinkerei, weil die Leute dann denken, dann sei es erlaubt, so zu parken. Er blockierte naturgemäß die Fahrspur, und es herrschte halt reger Verkehr – die anderen Fahrzeuge wollten vorbeifahren und mussten sich eine Spur teilen, und für die Hälfte von ihnen war es die Gegenspur, wo sie ja auch nichts zu suchen hatten. Eine gut angezogene, aber dick geschminkte Frau mittleren Alters entstieg dem Mercedes. Auf meinen Zuruf, sie solle sich mal ansehen, was für ein Chaos ihretwegen entstanden sei, schnappte sie nur baff „Na und?“. Ja, das sagt alles. Es ist wurscht, was mein Verhalten bewirkt. Hauptsache, ich kann den Wagen bequem abstellen und tun und lassen, was mir einfällt. Rücksichtnahme oder Verantwortungsbewusstsein – Fehlanzeige. Hierzulande denken viele nur noch an sich.

2.5.2019

2.5.2019

Wunder gibt es immer wieder! Nicht nur im Schlagerland, aus dem dieser Titel der seligen Katja Ebstein aus der Zeit stammt, in der es noch so etwas wie eine „deutsche“ Hitparade gab (meiner Erinnerung nach hat sie damals mit diesem Song sogar den deutschen Schlagerwettbewerb irgendeines Jahrgangs gewonnen; aber das war’s dann auch weitgehend). Nein, dann und wann gibt es Anlass, den eigenen Augen nicht zu trauen, und das kann man dann getrost als Wunder bezeichnen.

MyZeil, der gläserne Shopping-Palast mit dem häßlichen gläsernen schwarzen Loch irgendwo in der Mitte, erstrahlt nach langjährigen Umbauten (ja, auch hier war sie, eine Baustelle!, obwohl das Ding noch gar nicht so viele Jahre steht) in neuem Glanz, und den kann man sogar sehen und erlaufen!!!! Denn wie von Zauberhand sind die unsäglichen, aber in Frankfurt leider allerorts offenbar unvermeidlichen und immer den Hauch des Provisoriums ausstrahlenden Gerümpelbuden – in und vor denen Säfte, Kaffee, Pralinen, Bagels, Obst, Eis und was sonst noch alles erstanden werden konnten – verschwunden!! Es herrscht einfach eine beeindruckende Leere – die Shopping-Mall beherbergt, jedenfalls in den unteren Etagen, nur noch das, was man in einer Shopping-Mall erwartet, nämlich große und kleine Verkaufsgeschäfte. Und dazwischen liegt – und das in Frankfurt! – weiter, unverstellter, offener Raum, der die großzügige Architektur endlich zur Wirkung bringt und Lust auf Verweilen macht, ja, tatsächlich! Und gern guckt man mal nach oben und ist angetan von den klaren Linien und den kühnen Schwüngen, die die Gebäudeelemente vollführen. Das alles kann jetzt gesehen und dadurch endlich wahrgenommen werden! Mich hat es seit Eröffnung dieses Zentrums eh gewundert, dass die Architekten die Betreibergesellschaft nicht mit gewaltigen Schadensersatz-Prozessen angingen angesichts der Verschandelung durch die erwähnten Buden, die eben nicht nur Hindernisse beim Fortkommen waren, sondern auch die gesamte Architektur bis zur Unkenntlichkeit (zer)störten. – Ein Anfang ist also gemacht. Es gibt noch viele Gelegenheiten zur Nachahmung – Hauptwache, Fressgass, Hauptbahnhof…

28.4.2019

28.4.2019

Für mich ist es fast unerklärlich, aber das Mobiltelefon hat sich in kurzer Zeit zu einem Bestandteil des Alltags entwickelt, auf den augenscheinlich 99,8 % der Bevölkerung zu keinem Moment mehr verzichten möchte. (Oder möchten? Bezieht sich das Verb auf die Prozent oder auf die 99,8?) Wo der Spaziergänger, Rad- oder Autofahrer auch hinschaut – überall Menschen mit Gerät am oder im Ohr, fleißig die Mundwinkel und Lippen bewegend, auf jeden Fall aber „abwesend“ und auf ein nur imaginäres Gegenüber im Äther konzentriert. Und das ohn Unterlass.

Selbst im Volkspark Niddatal schrecken sie vor nichts zurück. Joggerinnen und Jogger, Hundehalter, Spaziergänger – alle pausenlos beim Quasseln oder Zuhören. Neuerdings auch immer unverblümter beim Radeln, eine Hand am Gerät, dieses am Ohr, die andere irgendwie an der Lenkstange, und wie die dann das Gleichgewicht zu halten vermögen glauben, ist mehr als abenteuerlich – insbesondere wenn es in die Bahnunterführung mit einer Linkskurve von 90° geht, ohne dass man auch nur ahnen könnte, ob einem da noch jemand entgegenkommt. Ich erlaube mir mittlerweile, meine Meinung auch unmittelbar an die Frau – ja, bislang waren es ausschließlich Frauen, die solcherart russisches Roulette im Park spielen; den Männern ist nach meinen statistischen Erhebungen mehrheitlich das mobile Telefonieren im PKW vorbehalten – zu bringen. Hilft ja nix, wenn ich nur den Kopf schüttele. Interessiert hat es allerdings bislang noch keine so richtig.

27.4.2019

27.4.2019

Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass Opern doch eine irgendwie aus der Zeit gefallene Kunstform sind. Krude, oft nicht realistische, geschweige denn auf der Bühne einigermaßen sinnvoll darstellbare Handlungen; extreme Formen der zwischenmenschlichen Kommunikation (wer singt im normalen Leben seinen Frust raus, und dann auch noch im hohen C??), noch dazu in extremer vokaler Beanspruchung – um nicht zu sagen: Wahnsinnsarien mit der Tendenz zur Hysterie und zum Pathos… wäre da nicht die Orchestermusik, die das Ganze zumeist dann doch auf eine Weise zusammenbringt und umhegt, die versöhnlich stimmt – es gäbe wenig vernünftige Gründe, sich ausgerechnet dem Musiktheater auszusetzen.

Einer dieser Gründe war seit den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts das Aufkommen des Regietheaters, das im gelungenen Fall werkgetreu neue Darstellungs- und damit auch neue Sichtweisen ermöglichte, ohne wie die Aufführungspraxis zuvor der Langeweile oder dem Kitsch anheimzufallen. Dieses Konzept ist mittlerweile in die Jahre gekommen und man versucht den heutigen Sehweisen im Wege der Puzzle-Technik gerecht zu werden; Eklektizismus – weniger Abstraktion, manchmal etwas viel Ramschware auf der Bühne, nicht zu unrealistisch, und es darf auch mal reißerisch oder komisch werden; nur nicht allzuviel von demselben. Doch zu radikal – wie manche Regiearbeit früherer Jahre, sei es nun die „Aida“ von Neuenfels in Frankfurt, „Die Gezeichneten“ von Kusej in Stuttgart oder dann wieder „Macbeth“ von Boeito in Frankfurt – darf es heute nicht mehr sein. Weil sonst das tendenziell „anständige“ Publikum vergrätzt würde? Ein immer wieder gern genutztes Element der Verharmlosung, selbst in ausgezeichneten, geradezu sphärisch wirkenden Inszenierungen wie aktuell derjenigen von Schrekers „Der ferne Klang“ im hiesigen Opernhaus, ist die geradezu rührend peinliche, jedenfalls harmlose und verniedlichende Bebilderung menschlichen Elends in – pardon – Bordellbetrieben: Da kommen die „Dirnen“ (so das Libretto) wie weiland Violetta Valéry im Glitzergewand daher und präsentieren sich die männlichen Käufer der Liebe (tatsächlich?) als anständig und adelsgerecht gekleidete Playboys. Dem Libretto mag das entsprechen, lokalisiert es das Geschehen insoweit doch auf einer Insel der Wollust im venezianischen Raum; aber zu einer Inszenierung, die ansonsten die Handlung in eine Zeit nahe an der Gegenwart transponiert und szenenweise in ein Alten- und Pflegeheim verfrachtet – und dabei Dichte und betörende Atmosphäre schafft -, will das doch nicht so recht passen. Hier wünschte ich mir etwas mehr Geradlinigkeit, Mut zur Drastik, Konsequenz, Radikalität. Es ist noch gar nicht so lange her, dass all dies die Inszenierungen in Frankfurt auszeichnete.

26.4.2019

26.4.2019

Es gibt sie, die seltenen Momente, in denen in der U-Bahn nicht nur Funksignale durch den Raum wabern und die herrschende Stille nur durch das entsetzliche Rattern und Quietschen der Wagen und die quäkende, aber unverständliche Lautsprecheransage unterbrochen wird. Nein, es wird dann und wann tatsächlich gesprochen. So heute auf dem Weg zur Oper, als ich Zeuge einer abendlichen Konversation zweier junger Menschen unterschiedlichen Geschlechts werden durfte und ob der Phonstärke gar nicht vermeiden konnte, den Inhalt des Gesprächs mitzubekommen.

Man konnte die Hormone praktisch erfühlen, die da den Raum zwischen den beiden erfüllten! Die junge Dame strahlte sie förmlich aus allen Poren aus in Richtung des jungen Mannes, der sich mit seinem amerikanischen Akzent nach allen Regeln der Kunst gegen die Umgarnung von gegenüber zu wehren versuchte, ohne zugleich unhöflich zu wirken. Immer schön freundlich antworten, immer ein Lächeln auf den Lippen; und doch kam für den unbefangenen Beobachter immer auch die Botschaft rüber, dass die Mühen der jungen Frau vergeblich sein dürften. Es ist schon erstaunlich, was sowohl verbal als auch nonverbal so alles an Subtext in einem solchen Gespräch übermittelt wird… Und als der junge Mann dann an der Hauptwache die Bahn verließ, setzte die junge Frau sich sogleich Kopfhörer auf, um musikhörend wieder in den normalen U-Bahn-Alltag zurückzukehren und der sie umgebenden Lebendigkeit Lebewohl zu sagen. Schade eigentlich.

25.4.2019

25.4.2019

Das Wort „Baustelle“ bezeichnet nach überlieferter Auffassung einen Ort, an dem gebaut wird. In Frankfurt findet man diese Orte leicht wegen der zahlreichen rot-weißen-Plastikgebilde, die die Baustellen vom übrigen Terrain abgrenzen. Darüber habe ich schon des öfteren geschrieben; doch darum soll es hier heute nicht gehen. Vielmehr frage ich mich, ob die Bezeichnung dieser Örtlichkeiten überhaupt treffend ist.

Ich komme im Tagesverlauf auf meinen Wegen oft an solchen „Baustellen“ vorbei, muss aber immer wieder registrieren, dass da nicht gebaut wird. Oder wenn, dann in minimalistischem Ausmaß. So zum Beispiel heute an der Riesenbaustelle der Main-Weser-Bahn, wo ja bekanntlich die seit 5 Jahrzehnten sehnlichst erwarteteten zusätzlichen Bahngleise erstellt werden. Oder eben erstellt werden sollen. Nachdem im ersten Baujahr in Ginnheim in einem Wahnsinnstempo immerhin bereits ein Schotterbett gelegt wurde, auf dem fast nur noch die Gleise fehlen, scheint es jetzt nahezu zu einem Stillstand gekommen zu sein. Heute drehte sich nur der Rammbohrer an der Ginnheimer Fußgängerunterführung, die ja verbreitert werden muss. Das ist ja schön, dass wenigstens der Bohrer bohrt. Warum dann allerdings ringsum nichts mehr getan wird, erschließt sich mir nicht. Es stehen massenweise Gerätschaften herum, die auch tätig werden könnten, aber eben nur herumstehen. Menschen habe ich übrigens fast keine gesichtet. Vielleicht bedarf auch das Wort „Bauarbeiter“ einer Aktualisierung…