24.11.2019

24.11.2019

Der Fülle in den Bahnen und Busse korrespondiert – offenkundig – die Leere in den Hirnen der für die Gestaltung des öffentlichen Nahverkehrs Verantwortlichen. Wer immer wieder Zeuge wird, wie sich sonntags in den U-Bahnen, je näher diese dem Stadtzentrum kommen, die Menschen quetschen, kann nicht anders als mutzumaßen, dass die Planer der VGF oder des RMV den Gegenstand ihrer Tätigkeit nur aus der Theorie kennen. Dabei fährt doch der Verkehrsdezernent leibhaftig und regelmäßig mit der U-Bahn zum Dienst…

Aber die Frage wird wohl erlaubt sein, ob es wirklich sein muss, dass die Bahnen an den Wochenenden immer noch – wie in ganz frühen Zeiten – verkürzt und mit gestrecktem Takt fahren müssen! Die U 1 kommt sonntags günstigstenfalls alle Viertelstunde daher, mit zwei Wagen, die sich schon im Nordwestzentrum füllen, am Dornbusch aber aus allen Nähten platzen. Das hab ich zwar schon mal bejammert…oder sogar öfter, doch es ärgert mich jedes Mal aufs Neue. Bei den anderen Bahnen ist es nicht besser. Keiner weiß, welcher Sachgrund diesen Zwang zum Gedränge rechtfertigen soll. Lasst doch die Bahnen genauso fahren wie unter der Woche, möchte man dem VGF-Vorstand zurufen! Schaut euch andere Städte an! Selbst in Köln oder Stuttgart fahren alle Stadtbahnen (die der Frankfurter Straßenbahn näherkommen als der U-Bahn) in Doppeltraktion, durchgängig, und nicht so selten wie hier. Vor allem aber: Setzt euren Arsch mal am Wochenende in so eine Bahn, anstatt im SUV in die City oder den Taunus zu fahren! Wer den Schmerz nicht spürt, wird nichts ändern.

23.11.2019

23.11.2019

Erstaunlich, welche Prioritäten die Menschen an einem Tag wie diesem setzen – die Sonne kommt ausnahmsweise einmal durch den Hochnebel über Frankfurt durch, es schimmert hell, die Temperaturen entsprechen nicht unbedingt der Jahreszeit, doch auf dem Weg in die Stadt füllt sich die U-Bahn zunehmend und spätestens an der Hügelstraße wähnt man sich im dicksten Berufsverkehr. Nun, vielleicht stehen dann nicht so viele Kinderwagen in der Bahn wie heute und sind eher Einzelpersonen als ganze Familienstämme unterwegs. Aber klar ist, wo die alle hinwollen: An der Hauptwache und am Willy-Brandt-Platz leert sich die Bahn. Das Ziel ist die Zeil; es wird mal wieder geshoppt.

Halt, nicht zu früh den Stab brechen… letzten Samstag herrschten noch schlimmere Verhältnisse (bei allerdings noch um weites schönerem Wetter) im Städel, da alle sich anschauen wollten, wie das Museum den van Gogh präsentiert. Mir steht an solchen Tagen der Sinn danach, einfach so lange wie möglich draußen zu sein, am besten in der Ruhe eines Waldes oder auf freiem Feld, etwa an der Nidda. Na ja, Ruhe… zumindest am Niddaufer muss man auch höllisch aufpassen, nicht von einem der wilden Biker umgefahren zu werden, die im Renndress ihren Ausgleich zur Bürowoche suchen; und gejoggt wird dort im Minutentakt. Voll ist es auch da. 750 000 Einwohner…

22.11.2019

22.11.2019

Wer sich Händels Oper „Tamerlano“ im Bockenheimer Depot ansieht, könnte auf die Idee kommen, das, was die Szene dort bietet, irgendwo schon einmal gesehen zu haben. Die Fährte kann besser erkundet werden, wenn man noch bedenkt, dass es sich bei dem Regisseur um einen Menschen aus den USA handelt. Und richtig – auch Cady Noland, deren Werke vor Jahresfrist im Museum für moderne Kunst zu bestaunen waren (Kaleidoskop vom 2.1.2019), stammt ja von dort. Genau dahin, in die Ausstellungsräume des MMK, fühlte ich mich versetzt: Schön in Drahtkörben aufbewahrte Budweiser-Bierdosen, selbst das Orchester im Drahtkäfig, ein weitgehend leerer Raum; der Hauptdarsteller hantiert mit Steigbügeln und Sporen, eine weitere Darstellerin mit einem als Dolch gedachten Stahlbolzen; alles Utensilien, die an Cady Noland mehr als erinnerten. Und selbst die Wardens, die dazumal das Museum in Scharen bevölkerten und die Besucher im Auge hatten, fanden sich im Depot wieder, nur dass ihre Kittel in leuchtendem Blau gehalten waren und (überflüssigerweise) die Mitgliedschaft zur „CREW“ auswiesen. Das hatten die Leute im MMK nicht nötig.

Der Eindruck war in phänomenaler Weise vergleichbar: Eine Atmosphäre von (zunächst) unausgesprochener Gewalt und Angst, die verbildlicht oder vergegenständlicht wird. Das Leiden wird angedeutet durch die räumliche Gestaltung, ergänzt durch die Kostümierung, was ja auch schiefgehen kann. Hier allerdings nicht. Und froh war ich, dass die sonst mittlerweile unausweichlichen Video-Projektionen hier fehlten. Zum Glück. Sie hätten womöglich die flaue Stimmung kaputtgemacht.

11.11.2019

11.11.2019

Offenbar hat das Dezemberfieber diesmal bereits einen Monat früher eingesetzt. Oder wie sonst sollte zu erklären sein, dass rot-weiße Baustellenzäune auf einer Länge von 200 m die Römerstadt beengen, weil dahinter der antike Fahrradweg – natürlich einer auf Gehsteig-Niveau – erneuert wird?

Seit ich in dieser Gegend wohne, und das sind schon 40 Jahre, reihte sich Schlagloch an Bodenwelle auf diesem Weg, den ich schon deshalb nie, aber wirklich nie benutzte. Zumal der Gehsteig in Höhe des Kindergartens enger als eng ist und sich die Enge dann auch noch mit dem Fahrradweg teilen muss, ausgerechnet da, wo jeden Tag die Kinder rein- und rausgehen… Die Straße hingegen beginnt sich just an dieser Stelle zu verbreitern, auf drei Spuren, was angesichts der geringen Verkehrsmengen mehr als luxuriös ist. Darum war ich immer dort, und das werde ich wohl auch zukünftig sein, auch wenn jetzt tatsächlich mal eine ebene Asphaltdecke auf dem Radweg aufgebracht worden ist. Nur: Warum ordnet man bei so einer Gelegenheit nicht gleich – entsprechend dem Motto „Fahrradstadt Frankfurt“ – einmal den ganzen Verkehr auf ganzer Straßenlänge neu, bringt den Radweg auf die Straße, wo er hingehört, nimmt halt ein paar Plätze fürs Blech weg, schafft damit aber Sicherheit und eine schöne Straße? Weil man immer noch im Klein-Klein-Denken der Ortsbeiräte verhaftet ist oder an so was gar nicht denkt. Oder weil man halt noch ein paar Groschen übrig hat, die noch irgendwo und irgendwie verbaut werden müssen. Einem Konzept folgt das Ganze aber nicht.

10.11.2019

10.11.2019

Die gestern begonnene Gedankenreise setzt sich fort anläßlich eines Spaziergangs im äußersten Norden, hinter Niederursel, im Tal des lieblich dahinrauschenden Urselbachs. Hier bin ich zur Schulzeit dann und wann mit dem Fahrrad hingefahren, wenn ich nix anderes vorhatte, und habe den Mannschaften des SV 1919 Niederursel beim Kicken, genauer: beim Training zugeschaut. Schon damals war das Tal mit dem Ungetüm der Autobahn-Brücke geschlagen; aber so laut hatte ich das nicht in Erinnerung. Dabei ist die Brücke mit modernster Schallschutz-Technik ausgestattet! Doch der Lärm quillt von den Seiten ungehindert ins Tal und lässt die Ohren schaudern.

Um so verwunderlicher, dass seit einiger Zeit eine Art Kreuzzug geführt wird, um diesen – so wird behauptet – letzten Teil unberührter Natur, gleichsam den Inbegriff eines städtischen Erholungsgebiets zu schützen. Was da an Argumenten gegen die Pläne ins Feld geführt wird, in der Nähe der Autobahn eine neue Wohnsiedlung zu errichten, lässt mir die wenigen verbliebenen Haare zu Berge stehen. Der Lärm vergällt mir die Lust, dort länger zu verweilen, und im Übrigen folgt hier eine Agrarwüste der nächsten. Ein Bauernhof mit Riesen-Stallanlage wurde nahe der Kläranlage errichtet; die Felder sind – flurbereinigt – völlig ausgeräumt; Hecken für Vögel und Insekten sind nur unmittelbar bei Niederursel zu finden – eine typische moderne Agrarlandschaft, geprägt von einer Landwirtschaft, die alles großindustriell betreibt und vermarktet, nicht zu sprechen von den Giften, die da versprüht werden. Nein, das muss nicht gerettet werden! Eine andere Frage ist, ob das ein geeigneter Ort zum Leben ist – aber wer hier mit „Natur“ argumentiert, sollte sich schon mal fragen ob er oder sie da wirklich alles bedenkt, was zu bedenken ist…

9.11.2019

9.11.2019

Der allgemeine deutsche Gedenktag – aufgrund mehrerer, ganz unterschiedlicher historischer Ereignisse – war für mich in diesem Jahr verbunden mit einer gedanklichen Reise Richtung Vergangenheit. Private Umstände führten mich in die Rebstock-Siedlung, und diese Gegend ist ein Paradebeispiel für die permanenten Umwälzungen, die ich in Frankfurt erlebe. Als ich das erste Mal in meinem Leben – ich war noch keine zehn Jahre alt – dorthin kam, genauer gesagt: in die benachbarte Kuhwald-Siedlung, war ich nicht nur wegen des wundersamen Namens dieses Ortes verwundert, sondern auch deswegen, weil die ganze Gegend nicht den Eindruck verbreitete, den ich von einer „Großstadt“ schon seinerzeit erwartete. Geografisch zwar noch fast mitten in Frankfurt, wähnte ich mich schon weit draußen in der Pampa, zumindest aber am Stadtrand, öffnete sich doch an der Bebauungsgrenze nach Westen hin eine weite grüne Wiesen-Ebene, die nur akustisch durch die nahe Autobahn eingegrenzt zu sein schien. Und außer Vögeln und ein paar Spaziergängern, die ihre Hunde toben ließen, war auch nichts zu sehen, was dem Ganzen irgendwie auch nur einen Hauch städtischen Gepräges hätte verleihen können.

Heute ist das alles bebaut, natürlich im Frankfurter Maßstab enger, allzu enger Straßen, gesäumt von Blech, das auch hier trotz aller Tiefgaragen nicht genug Platz findet, und – Lichtblick – dem Rebstock-Park, zu dem der frühere Messe-Parkplatz – ja, wieder eine typisch Frankfurter Zwischenlösung, insoweit aber zum Glück – mutierte, nachdem man sich zur Wohnbebauung entschlossen hatte. Als Zwischenlösung erweist sich nunmehr auch das Rebstockbad; als Schwimmoper erst in den achtziger Jahren eröffnet, wird es bald wieder einer neuen Lösung weichen, deren Halbwertszeit nicht abgeschätzt werden kann, abgesehen davon, dass es natürlich auch nur eine kurze sein wird. Und ob der dahinter sich immer noch öffnende Park als Erholungsort weiter zur Verfügung stehen wird, bleibt offen – es werden Gedankenspiele angestellt, die in Frankfurt bitter nötigen Wohnungen hier zu errichten. Die würden zwar wohl hier keinen so richtig stören (außer den Kleingärtnern, die ihre Gärten hergeben müssten), doch ob es sich gut wohnen lässt in einem Gebiet, das ringsum von Autobahnen eingeschnürt wird und – pardon – am Arsch der Stadt liegt?

4.11.2019

4.11.2019

Die Woche beginnt – wenn es eine Arbeitswoche ist – mit einer Fahrradfahrt ins Büro, und die führt durch die engen, an beiden Seiten dicht zugeparkten Sträßchen Bockenheims. Montags ist es auch für Fahrradfahrer immer ein zweifelhaftes Vergnügen, betreibt doch dann – vormittags – immer auch die städtische Müllabfuhr ihr Geschäft, und das bedeutet nicht nur, dass sich endlose Schlangen wartender Autos in den Straßen hinter dem Müllfahrzeug stauen, sondern auch Fahrradfahrer eine Zwangspause einlegen müssen, kommen sie doch an den Fahrzeugen und der Ursache des Staus nicht vorbei – es sei denn, das Fahrrad würde auf dem Gehweg geschoben. Doch so sehr ich mein Fahrrad liebe – dazu habe ich überhaupt keine Lust, und so suche ich mir dann schon vorsorglich einen Ausweg, leider oft nur in Gestalt eines Umwegs.

Da werden dann immer Sehnsüchte ins gelobte Land wach, das in diesem Fall – man mag es kaum glauben – Italien heißt! Denn dort gibt es, wie ich schon 1983 feststellen konnte, die jeweils auf Verkehrsschildern angekündigte „Pulizia notturno“, und das hat nix mit Polizei zu tun, sondern bedeutet nur, dass die Straßen dort des Nachts gesäubert werden, was auch die Leerung der grauen Tonnen einschloss und jeweils die Anordnung eines entsprechenden Halt- und Parkverbots erforderte. Ich hielt das damals für sensationell, wenn auch klar war, dass es in Florenz – wo das Ganze stattfand – anders sowieso nicht ging, da die Straßen und Gassen dort noch enger und voller mit Blech waren als in Bockenheim. Nachts arbeiten – eine nachgerade ebenso revolutionäre wie sinnvolle Lösung! Und das in Italien, wo den Italienern doch landläufig eher nicht akribischer Arbeitsfleiß nachgesagt wird, was sich in meiner Einschätzung spätestens seit damals als üble Unterstellung erwies. Offenkundig in Deutschland eine nicht denkbare Lösung, obwohl ihre Realisierung nur positive Auswirkungen für alle hätte. Also – da müssen die alten Vorurteile doch gehörig überdacht werden. Effizienz und Sinnhaftigkeit – in Deutschland eher Fehlanzeige!

3.11.2019

3.11.2019

Auch Frankfurt hat eine Szene. Ob das nun Hipster sind oder wie man sie sonst nennen soll, sei dahingestellt. Jedenfalls trifft sich die Szene, wie auch immer sie heißen mag, unter anderem an mehreren Wochenenden im Jahr in der Frankfurter Universität. Nicht zum Studieren oder zum Flanieren, obwohl der herrliche Campus dazu durchaus einlädt. Sie besuchen eine Verkaufsmesse. So hieß das früher. Heute heißt es Stijl_Markt. Man ist ja nicht in Hintertupfingen.

In deutscher Übersetzung: Stil-Markt, und so stellen – laut Plakat – junge Designer junge Design-Waren aus und bieten sie zum Verkauf an. Das ist es eben – es geht ums Verkaufen. Schon beim Hinaufsteigen aus dem U-Bahnhof begegnen dem neugierigen Besucher zahlreiche mittelalte Menschen beiderlei Geschlechts, fast durchweg mit kleinen Kindern und zuweilen einem Hund im Schlepptau, und immer bepackt mit Papiertüten, in denen offenkundig Designware von besagtem Markt drin ist. Eben, Verkaufsschau. Das ehemalige Offizierskasino, welches den Raum für diese Schau bietet, ist proppevoll, davor auch noch eine mittlere Schlange von Menschen, die noch Einlass begehren. Ja, wer kaufen will, muss erst mal zahlen – es werden 7,50 Euro Eintrittsgeld erhoben, damit man das junge Design besichtigen und womöglich bei Gefallen erwerben darf. Angesichts der Fülle in den Räumen verkneifen wir uns den Eintritt und das Besichtigen – ein flüchtiger Blick nach drinnen offenbart, dass das Gedränge ein richtiges Bestaunen gar nicht zulassen wird. Und kaufen wollen wir ohnehin nichts. Aber die Uni bietet ja noch mehr – statt Design anzugucken erholen wir uns lieber bei einem Espresso in der Cafeteria der beiden kirchlichen Studierenden(! – ja, politisch korrekt)wohnheime, früher ein Geheimtipp – doch Hoppenworth und Ploch servieren jetzt ja auch in der neuen Altstadt… Aber das zeigt: Junge Kaffeeröster können mindestens ebenso Erfolg haben wie junge Designer!

28.10.2019

28.10.2019

Über den Heddernheimer Strukturwandel gibt es im Kaleidoskop schon einiges zu lesen. Er setzt sich kontinuierlich fort, ohne dass Begeisterung angebracht wäre.

Ist es noch verschmerzlich, dass die ehemalige Weinhandlung gegenüber dem auch nicht gerade als städtebaulicher Höhepunkt anmutenden Marktplatz dem Blumenstübchen gewichen ist, welches zuvor 100 m weiter südlich an zentralerer Stelle seine Pflanzen anschaulich feilbot, so ziehen sich angesichts der neuen Inhaber der Räume der ehemaligen italienischen Bäckerei die Mundwinkel automatisch von selbst herab. Wer Anhänger der traditionellen chinesischen Medizin ist und sich auch noch gern massieren lässt, wird sich freuen, wird doch gerade dies dort nunmehr angeboten. Zu einer Belebung der schon vormals nur wegen der Bäckerei nicht gänzlich „toten“ Straße wird dies freilich kaum beitragen können. Aber das interessiert die Hauseigentümer ja nicht im Geringsten. Warum die Bäckerei fortgejagt wurde, ist jetzt allerdings etwas näher zu erschließen. Solange es nur um Rendite geht, werden auch die Großstadtviertel außerhalb des Stadtzentrums nach und nach verkümmern.

27.10.2019

27.10.2019

Vor Eckenheim muss man, vom Preungesheimer Bogen kommend, allerdings erst einmal durch Preungesheim. Na klar. Der Stadtteil wird durchzogen von der Homburger Landstraße, die ja bis zum Frankfurter Berg führt. Früher eine der vielen Verkehrsadern der Stadt, die von allen Seiten sternförmig Richtung Innenstadt führten und auf denen der Verkehr ob des engen Straßenprofils, wie das im Technokratendeutsch heißt, mehr dahindümpelte als brauste. Unerträglich war er gleichwohl. Die Verlagerung auf mehrspurig ausgebaute Sammelstraßen (wie hier die Gießener Straße) führte zu einer deutlichen Beruhigung der alten Ortszentren – im umfassenden Wortsinn, denn zuweilen scheinen die vormals belebten Straßen wie ausgestorben. Der Mangel an Autoverkehr (der so stark wiederum allerdings auch nicht ist; die Blechkutschen werden schon regelmäßig bewegt) ist natürlich das Angenehme; unangenehm freilich fällt auch das Aussterben sonstiger örtlicher Infrastruktur auf. Wo früher Bäcker, Metzger und andere Gewerbetreibende sich um die Versorgung der Bewohner kümmerten und auch für lebhaften Fußgängerverkehr sorgten, sind heute außer dem einen oder anderen Discounter oder zuweilen türkischen Lebensmittelgeschäften nur noch randständige Läden oder Kioske – die beliebten Trinkhallen – verblieben.

Es gibt aber auch immer wieder Lichtblicke. Auf meiner Suche nach Kaffeegenuss (und zwar einem solchen der nicht-altdeutschen Art) wies Google mir den Weg zu einem Café, zentral an der Homburger Landstraße gelegen, das zugleich auch – zumindest in den Abendstunden – als Bar fungiert, was ohne weiteres die sonst für ein Café etwas absonderlichen Öffnungszeiten (bis 3 Uhr nachts) erklärt. Hausgebackener Kuchen erinnerte an meine Erfahrungen mit Mutters Backkünsten und der doppelte Espresso ließ es an nichts fehlen. Und sitzen konnte man sogar draußen in der Nachmittagssonne. Vermutlich wäre dieser Standort ohne den Ausbau der Gießener Straße nicht möglich gewesen… Also – ein Hoch auf den Strukturwandel!