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Schlagwort: City

3.8.2019

3.8.2019

Wochenende. Der Samstagabend war früher der Ausgehabend. Wenn nicht an diesem Abend – wann dann? Das Leben spielt in der City, nicht im Vorort; und die hält so ein riesiges Angebot bereit… im Sommer natürlich bevorzugt an der frischen Luft, es sei denn, die Luftfeuchtigkeit war zu hoch. Stoffel im Günthersburgpark, Palmengarten (ob nun Kammeroper, Jazz oder Weltmusik), Sommerwerft, was auch immer. Bloß nicht zu Hause rumhängen.

Heute lese ich zwar immer noch die Terminankündigungen im „Journal Frankfurt“, aber nur, um zu erfahren, was ich alles verpasse. Denn ich fühle mich daheim am wohlsten. Und wahrlich, ich verpasse eigentlich gar nichts. Leben findet dort statt, wo ich bin. Und wenn es auf der Sonnenliege im Garten ist, in der ich nichts Anderes tue als sinnentleert in die Gegend zu gucken, wie beim Brühmarkt (siehe bereits das gestrige Kaleidoskop). Nur dass der Garten viel schöner ist und Blicke in die Nachbargärten erlaubt, die auch viel schöner sind. Und gerade am Samstagabend – da ist nämlich die Tankstelle um die Ecke schon zu und das Gebläse der Trockenanlage der Auto-Waschstraße dröhnt einem nicht mehr die Ohren voll. Nur die Flieger ziehen je nach Windrichtung lauter oder leiser übers Haus, je nachdem, ob sie im Start- oder Landeanflug sind. Ansonsten – eine Ruhe wie auf dem Dorf, manchmal sogar noch ruhiger. Herrlich. Am I growing old??

19.6.2019

19.6.2019

Im Sommer entfaltet die Stadt ein eigenes Flair, jedenfalls an schönen warmen Abenden. Mein Weg führte mich von der City zurück; ich radelte nicht wie sonst an den Verkehrsachsen entlang, sondern durch das Nordend. Und überall Plätze, auf denen Menschen es sich gutgehen ließen.

Schon am Anlagenring ging es los – ein als Weinbar umgenutztes ehemaliges Wasserhäuschen lädt auf Polstermöbeln im Freien zum Chillen ein. Weiter nördlich kann man an die Friedberger Landstraße fahren, wo ebenfalls rund um ein Wasserhäuschen der Bär tobt, oder mehr Richtung Oeder Weg, der an der Adlerflychtstraße wieder in ein begrüntes Areal mündet, an dem ebenfalls – ein Wasserhäuschen steht. Nur dass es hier Falafel gibt, den besten in Hessen, wie ein Kundiger beim Warten mitteilte. Ja, warten muss man hier; erst in einer langen Schlange, bis man bestellen, bezahlen und einen Kronkorken mit einer Nummer bekommen kann, und dann noch einmal, bis – nach dem Aufruf der Nummer – das Bestellte ausgehändigt wird. Erfahrene nehmen dazu schon mal ne Pulle in die Hand; könnte ja länger dauern. Man sitzt auf der Mauer, tratscht über dies und jenes und genießt den Sommer und das gute Essen. Ja, es sind wirklich hervorragende Falafel… An Abenden wie diesen bedauere ich, so weit draußen zu wohnen, denn ob man’s glaubt oder nicht – ruhig wie auf dem Dorfe ist es mitten in der City eben auch, zumindest da, wo es keinen Durchgangsverkehr gibt.

31.3.2019

31.3.2019

Jetzt muss dringend etwas zur Ehrenrettung der Heimatstadt getan werden. Obwohl ich mich schon frage, ob es nicht langsam an der Zeit sein könnte, die Heimat zu wechseln. Doch Überraschungen gibt es zuweilen auch in Frankfurt. Jedenfalls wenn man nicht ständig in der City weilt und alles mitbekommt, was sich da so im Lauf der Jahre verändert.

Der Liebfrauenberg atmet ja eher den Mief der späten Fünfziger des letzten Jahrhunderts, auch wenn es für manchen anheimelnd sein mag, im Schutz des Klosters dem plätschernden Brunnen zu lauschen – sofern nicht gerade mal wieder ein SUV- oder Porsche-Fahrer meint, in der Töngesgasse so auf sich aufmerksam machen zu müssen wie die reichen Düsseldorfer mit ihren 7er-BMWs auf der Kö. Doch am Samstag konnte das Plätschern beim besten Willen nicht gehört werden – es ging unter in einem Stimmengewirr der Hunderte von jungen Menschen, die es sich dort in der recht warmen Frühlingssonne bei ebensovielen Flaschen von Wein gutgehen ließen, die sie an der nahegelegenen Kleinmarkthalle erstehen konnten. Der Platz quoll über, ohne dass Jahrmarktstrubel herrschte – stattdessen angenehm entspannte, unaufgeregte Frühlings-Stimmung, die schlicht ansteckte. Beim Beobachten des munteren Treibens merkte ich, dass das Erstaunen nicht auf mich beschränkt war – neugierig betrachteten auch andere Passanten die Menge und fragten danach, was hier vor sich gehe. Also doch so etwas wie Urbanität, und dazu noch eine, die sich einfach so entwickelt hat!

26.2.2019

26.2.2019

Habe ich morgens einen Termin in der City und schüttet der Himmel weder Schnee, Hagel noch Regen über der Stadt aus, gönne ich mir meistens einen kleinen Gang an der frischen Luft. Wenn die Innenstadt erwacht, herrscht auch hier noch ruhige, gemächliche, erwartungsfrohe Atmosphäre, die an Sonnentagen wie heute noch stimmungsvoller wirkt. Im Innenhof des Römers begegnet mir selbst schon zu dieser frühen Stunde eine Gruppe erkennbar asiatischer Reisender, denen vermutlich gerade eine historische Lektion über den Kaisersaal erteilt wurde und die nun in Richtung Römerberg und Altstadt weitereilen.

Beginnend am Willy Brandt-Platz, ist es auch ein Weg durch die Architekturgeschichte der Nachkriegsära, der binnen weniger Minuten, gleichsam im Zeitraffer, auf drastische Weise die ganze Palette Frankfurter Planung und Bauweise illustriert. Zunächst vorbei an den einfallslosen, kühl-geradlinig emporragenden Gebäuden, die in extremer Verdichtung auf dem ehemaligen Degussa-Gelände errichtet wurden und in denen jeder Sonnenstrahl schlicht verschluckt wird; dann – im Anschluss an das historische Gebäude des Karmeliter-Klosters mit dem Museum für Vor- und Frühgeschichte, eine trefflich restaurierte Augenweide – werden die nüchternen, rein zweckmäßigen und auch äußerlich billigen Wohn-Zeilen aus den fünfziger Jahren passiert, mit denen Frankfurt in Konkurrenz zu Städten wie Hildesheim oder Teilen von Kassel steht – großstädtisch wirkt hier nichts; und zuletzt dann der Römerberg als Tor zur Altstadt. Hier kann man morgens noch jeden Löffel fallen hören. Ein verweilender Blick über das Oval des Platzes zeigt: Mit dem neuen Historischen Museum ist den Planern tatsächlich eine stimmungsvolle Arrondierung gelungen, die die Öffnung zum Main hin angemessen verengt und einen wirklichen Raum entstehen lässt, aber auch als Bauwerk einen gelungenen Akzent setzt – und zudem noch ästhetisch aussieht. Und dann setzt auch noch das mächtige Dom-Geläut ein… Ja, Frankfurt hat jetzt doch so etwas wie ein Herz.

3.2.2019

3.2.2019

Sonntag Nachmittag – warum nicht mal Kaffee und Kuchen in der City? Zuhause gibt’s zwar guten Kaffee, aber keiner hat was gebacken, und etwas Abwechslung tut ja auch gut. Also kurzerhand auf ins Switchboard, der Mehrzweck-Location der Frankfurter Aids-Hilfe, wo Sonntags Beweis dafür angeboten wird, dass Männer imstande sind, hervorragende leckere Backkunstwerke zu schaffen.

Allerdings – das dachten sich sichtbar auch viele andere Kuchen- und Kaffeeliebhaber. Der Laden war zum Bersten voll, beim Reinschauen wirkte er auch nicht wirklich anheimelnd, auch wenn in einer trauten Männerrunde „Uno“ gespielt wurde (ähm…). Nun, in der Stadt sollte man wohl einen Ort zum Kuchenessen finden können. Oder? Café Mozart – definitiv nicht mein Fall. Café Libretto – voll. Im neuen Café im MMK gibt’s zwar Kaffee, aber sonst nur MehlWasserSalz. Imori – nur ein Stuhl noch frei. Im Bitterzart in der Braubachstraße sahen wir zwar von draußen einen freien Tisch, aber hinter der Tür wartete eine Unzahl von Menschen auf Einlass. Keine Bewegung in der Schlange, auch nach 5 Minuten nicht. Dann noch ein – vergeblicher – Versuch im Metropol, von dort um die Ecke – die Scheiben der Holy Cross Brewery waren vom Schweiß der Menge beschlagen; und das Moloko führt eh weniger Kuchen als andere Dinge im Angebot. Muss ich noch sagen, dass jeder Platz besetzt war? Es näherte sich übrigens bereits der Dämmerstunde; die übliche Kaffeezeit war lange vorbei. Das focht die Insassen freilich nicht an. Schade für die, die in der Kälte blieben… Nachdem bereits der Entschluss gefasst war, wieder nach Hause zu fahren, ergab sich dann doch noch eine Gelegenheit im immer noch bis auf den letzten Platz besetzten Bitterzart. Puuh. Die dort gebotenen Köstlichkeiten entschädigten zwar aufs Trefflichste, doch am nächsten Wochenende werde ich die heimische Rührschüssel zur Hand nehmen. Zuhause ist es ja sowieso viel schöner. Vor allem: Sitzplatz garantiert!

2.2.2019

2.2.2019

Am Samstag Morgen um 11 Uhr ist der Goetheplatz eine Oase der Weite. Eigentlich sind es ja zwei Plätze, weil auf der einen Seite der Goetheplatz liegt und sich daran, Richtung Norden, da, wo der Goethe von seinem Denkmal aus hinschaut, der Rathenauplatz anschließt. Ursprünglich ein reiner Verkehrsknotenpunkt mit der Ästhetik der Nachkriegszeit (also – pardon – gar keiner), geprägt durch krude verlaufende Straßenbahnschienen, überdimensionierte Umsteigehaltestellen und natürlich viel Raum für den Autoverkehr sowie eingerahmt von den typisch nichtssagenden Bauten jener Zeit, erlebte der Platz zunächst in den achtziger Jahren eine Metamorphose zu Tante Gerdas Blumengarten. Da tummelten sich dann mittags die schwarz oder dunkelgrau gewandeten Banker mit nem Sandwich in der Hand und ließen sich zuweilen die Sonne aufs Haupt scheinen, bevor sie pflichtbewusst wieder in den umliegenden Hochhäusern verschwanden. Aber hübsch sah’s aus. Fehlten nur noch die Gießkannen.

Seine heutige Gestalt hat der Platz noch nicht lange. Nach der üblichen kurzen Halbwertszeit, der Frankfurter Gestaltungsprojekte nun mal unterliegen, wurden im Zuge des von der schwarz-grünen (!) Koalition im Römer forcierten Baus einer Tiefgarage auch die Blumenrabatten weggebaggert. An ihrer Stelle wachsen nun einige plangerecht gepflanzte Stadtbäume; Goethe wurde zentral auf dem Platz platziert, und außer einigen nachträglich aufgestellten Bänken findet sich dort ansonsten – nichts! Und das in Frankfurt! Die in Frankfurt offenbar nicht zum Schweigen zu bringenden Anhänger engster Bebauung meditieren zwar regelmäßig in den Medien über Möglichkeiten der urbanen Ausfüllung der den Platz nun kennzeichnenden Leere, etwa in Gestalt von Pavillons oder Kiosken (wie konnten die Platz-Planer denn so etwas Existenzielles vergessen?!). Und leider allzu oft im Jahresverlauf erfinden die städtische Tourismus-Gesellschaft und andere wohlmeinende Unternehmungen immer wieder neue Anlässe, um den Platz mit Gerümpel (Frittenbuden, Veranstaltungszelte, Sauftheken und dergleichen) zuzustellen. Da wird der Begriff der Urbanität aber gehörig missverstanden. Mir ist der Platz in den Zeiten der Leere am liebsten. Endlich mal „Raum“ in der sonst so zugebauten City, der Perspektiven auf die umliegende Stadtstruktur eröffnet und Großstadt wenigstens ansatzweise erleben lässt. So wie heute morgen – ein meditativer Gang im weiten Raum…