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Schlagwort: Herbst in der Stadt

10.10.2020

10.10.2020

Das Internet ermöglicht die Zeitung mit bewegten Bildern. Jede Tageszeitung, ach was, wirklich jede Publikation, die Nachrichten verbreitet, kann heutzutage in Gestalt einer App auf jedem Smartphone empfangen werden, und damit es so schön bunt wird, werden immer wieder Video-Clips angeboten, um den Lesern das Lesen nicht zu verleiden… äh… nun, wahrscheinlich haben irgendwelche Erhebungen ergeben, dass Lesezeiten von mehr als 2 Minuten von 95 % der Leser als zu lang und damit unzumutbar empfunden werden, während animierte Nachrichten in der Gunst des Publikums weit höher stehen und gern mitgenommen werden statt der umständlichen Leserei.

Solange dabei der Umfang der Wissens- und informationsvermittlung nicht leidet, soll mir’s recht sein. Ich guck sie mir ja auch gern an, solche Clips. Dabei konnte ich dann gestern (nach Redaktionsschluss, aber den gibt es in diesen Zeiten ja auch nicht mehr) unseren maskierten OB sehen, wie er – lächelnd oder nicht? – ein Abspannseil auf einem Karussell – oder war es doch nur eine Glücksspielbude? – durchschnitt, um den schönen „Herbst in der Stadt“ mit allem üblichen PiPaPo zu eröffnen. Er hielt auch ein Mikrofon in der Hand und eine Rede. Fragt sich nur, wem sie galt. Die Kamera zeigte gähnende Leere auf dem ganzen Römerberg, kein Wunder bei dem Wetter. Aber so muss es halt sein, und ein OB darf sich für nichts zu schade sein. Schön, dass er vermummt war; aber eine Infektion war bei diesen Umständen wenigstens nicht zu befürchten.

9.10.2020

9.10.2020

Jetzt ist auch Frankfurt „Risikogebiet“. Was das bedeutet, kann im föderalen und europäischen Flickenteppich keiner so genau sagen. Immerhin ist mir mittlerweile aus eigener Erfahrung bekannt, dass Menschen, die aus solchen Gebieten nach Deutschland zurückkehren (oder auf dem Reiseweg in ein anderes Land einreisen möchten), unter Umständen – das hängt eben von der nationalen oder auch regionalen Rechtslage ab, aber wer kennt die schon?? – sich auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Virus testen lassen müssen. Dann haben sie bei negativem Ergebnis möglicherweise Glück und müssen nicht sich „absondern“, wie es im Amtsdeutsch so schön neutral heißt. Aber nein, das war ja die Rechtslage bis Anfang Oktober – jetzt gilt ja wieder was Neues … die Verwirrung ist groß, wenn nicht einmal ein Volljurist Genaues weiß bzw. erst mal recherchieren muss…

Risikogebiet hin oder her – das hält die Verantwortlichen der Stadt nicht davon ab, einen „Herbst in der Stadt“ veranstalten zu lassen. Hinter diesem ebenfalls schön anmutenden Titel (es sei denn, man kann wie ich dieser Jahreszeit nun gar nichts Schönes abgewinnen) verbirgt sich nichts anderes als Buden- und Fahrgeschäftsgerümpel an zentralen Plätzen der Stadt. Den armen Schaustellern soll so die Gelegenheit gegeben werden, den Ausfall der Dippemess ansatzweise kompensieren zu können. Nun, wir retten ja auch andere; aber hier kommt die ästhetische Komponente eindeutig wieder einmal zu kurz, wie es leider in Frankfurt oft der Fall ist. Stadtgestaltung und Stadtästhetik sind hier Fremdworte oder gar unbekannt. Wer die Innenstadt, insbesondere aber die Altstadt mit Buden und Bratwurstgrills zustellt, hat keine Vorstellung von Urbanität, sondern biedert sich höchstens bei Ballermann-Freunden und eben den Schaustellern an. Grill- und Trinkfreunde mag dies erfreuen – aber in diesen Zeiten?