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Schlagwort: Klaa Paris

O tempora…

O tempora…

…o mores, das war schon den alten Lateinern klar. Wohin sind wir nur gekommen? Oder, feiner formuliert, nicht nur die Zeiten ändern sich… Wenn auch die Zeitenwende noch nicht überall und auf allen Ebenen der Gesellschaft angekommen sein mag – in Heddernheim, dem fastnachtlichsten Stadtteil Frankfurts, findet sie jedenfalls am Fastnachtsdienstag aus Anlass des alljährlichen Festzugs von Klaa Paris statt.

Erstmals in der langjährigen Geschichte der Heddemer Fassenacht wird nicht nur, wie schon immer und ohne jeden Aufschrei der FDP, der freiheitliche Individualverkehr für einige Stunden aus dem Zug-Viertel ausgesperrt. Nein, in diesem Jahr wird nahezu der gesamte Stadtteil zur „Sicherheitszone“ erklärt und in diesem Bereich flächendeckend eine absolute Halteverbotszone eingerichtet. In Teilen schon ab dem Montag, insgesamt aber ab Dienstag, 4 Uhr morgens, und das ganztägig, werden die Autos verbannt, wobei die Stadt nicht kümmert, wo die beflissenen Halter der Fahrzeuge selbige denn unterbringen sollen, wenn sie nicht zufällig für diesen Tag einen Werkstatttermin vereinbart haben. Klar, in den letzten Monaten ist einiges pasiert, was möglicherweise bei konsequenter Beachtung von Sicherheitsvorkehrungen nicht unbedingt hätte passieren müssen. Aber glaubt man wirklich, mit Maßnahmen wie dieser etwaige Attentate wirksam zu verhindern? Absolute Sicherheit ist eine Wunschvorstellung, und Anschläge werden nicht nur mit Autos verübt. Verhältnismäßigkeitserwägungen sollten sich nicht primär von Eventualitäten oder gar Angst leiten lassen, sondern von einer prognostischen Einschätzung, ob sich aus bestimmten tatsächlichen Anhaltspunkten Gründe für die Annahme einer konkreten Gefahr ergeben.

24.2.2019

24.2.2019

Wir befinden uns in der Hochzeit der Fassenacht. In Klaa Paris, wie Heddernheim dieser Tage nur noch genannt wird, tobt der Bär. Herren- und Damen-Sitzungen wechseln sich mit Kreppelkaffee und Bällen ab, wo die Narren tanzen. Und heute war mitten am Tag das traditionelle Gardetreffen am Clubhaus. Da kommen die Garden von nah und fern (bis aus dem Odenwald!) zusammen und vertreiben sich – wenn’s Wetter schön ist – auch draußen die Zeit bei Grillwurst und natürlich erheblichen Mengen hochprozentiger Flüssigkeit.

Schon als Kind habe ich gestaunt über die stattlichen Herren in ihren ordenverzierten Uniformen, vor allem aber über die Narrenkappen. Heute erstaunt mich eher, dass es das alles immer noch so gibt. Als wäre die Zeit stehen geblieben. Lustiges Treiben ist das eine; warum nicht. Aber diese Parallelwelt, die da in aller Regelhaftigkeit und hierarchischen Struktur nachgebildet wird, wo das Patriarchat noch verherrlicht wird und wo sogar der Humor verordnet ist… und die doch nur dem Zweck dient, nach allen Regeln der Kunst die Sau rauszulassen – muss sowas im Jahr 2019 wirklich noch sein oder lassen sich nicht vielleicht doch dem heutigen Entwicklungsstand der Menschheit angemessenere Möglichkeiten finden, sich zu amüsieren? – Oh, da haben wir es. Vielleicht unterstelle ich einen Entwicklungsstand, den es gar nicht gibt?