17.1.2019
Wer noch ein wenig auf seine Umgebung achtet, muss hartgesotten sein. Öffentliche Verkehrsmittel waren zwar noch nie dafür berühmt, Horte der Pflege zwischenmenschlicher Kommunikation zu sein. Ausnahmen kommen vor, wie ich selbst neulich erlebt habe, sind aber selten. Allerdings erinnere ich mich noch an Zeiten, zu denen wenigstens in den Abteilwagen der ehemaligen Deutschen Bundesbahn dann und wann ein Gespräch mit den Mitreisenden zustandekam. Aber in den Zügen der privatisierten Nachfolgeorganisation dominiert auch in den Abteilen weitgehend das Schweigen.
Meine heutige Fahrt zur Arbeit ließ mich jedoch erschrecken. Schon beim Einsteigen in die U-Bahn bemerkte ich einen Mann mittleren Alters, der sich mit langsamen Schritten, den Blick starr auf sein Handy-Display gerichtet, in die Richtung der Nachbar-Tür zubewegte und den Knopf zum Öffnen erst mal nicht fand. Wie auch, war er doch offenkundig anderweitig beschäftigt… Zwei Stationen weiter musste die Bahn länger halten, weil Ebenderselbe, mit den Augen immer noch in die gleiche Richtung wie Minuten zuvor starrend, diesmal aber noch mit den Fingern klimpernd, erst sehr spät mitbekam, dass er eigentlich aussteigen wollte, und dies dann auch – langsamen Schrittes – in die Tat umsetzte, dabei aber fast hinausfiel, weil er den Blick nicht hob und so nicht sah, wo er hintrat. In diesem Moment sah ich mich um: Ich war umgeben von Menschen, die nur nach unten schauten; alt und jung, männlich wie weiblich, teils mit Stöpseln im Ohr; mit ihren Sinnen abwesend, jedenfalls nicht im Raum anwesend, sondern in einer fiktiven Welt, die sich auf einem winzigen Bildschirm-Geviert ereignete, mit der Wirklichkeit, dem Augenblick aber rein gar nichts zu tun hatte. Die Bahn war brechend voll – doch ich fühlte mich nur einsam.