21.6.2019

21.6.2019

Jetzt ist sie wieder zu Ende – die Phase der immer länger werdenden Tage, der immer später einsetzenden Dämmerung; die herrliche Zeit, in der alles auf Expansion und Intensität drängt. Die Pflanzen wachsen, werden grün, blühen, doch am Höhepunkt dieser Vorbereitung auf die ganze Entfaltung ihrer Pracht beginnt die Natur schon mit der Umkehr, dem Rückzug, der – zum Glück – freilich ebensolange braucht, bis die Gegenbewegung abgeschlossen ist, sodass der Mensch sich in aller Ruhe darauf einstellen kann, wenn er es denn will.

Der längste Tag des Jahres – Sommeranfang. Im Mathematik-Unterricht lernten wir in der funktionalen Algebra die Lehre von der ersten, zweiten, dritten Ableitung einer Funktion (ach ja, y = f(x)…), und dabei erfuhr ich staunend, dass positive Werte bei genauer Betrachtung schon eine negative Bedeutung haben können. Glaubt mir jemand, dass sich der heutige Tag für mich genauso anfühlt wie die dritte Ableitung einer Funktion, aus der sich ergibt, dass der augenscheinlich positive Wert der Funktion in Wirklichkeit schon wieder negativ ist, weil es den Bach runtergehen wird, zwar nicht sofort, aber in absehbarer Zukunft? Der Tag des Sommeranfangs bietet mir darum nicht Anlass zum Jubel, sondern – zur Melancholie. Doch gemach, es handelt sich um eine schnell vorübergehende Erscheinung, die sich allerdings zum Herbstbeginn erheblich verstärkt. Bis dahin wird es jedoch noch jede Menge heller, warmer (hoffentlich!) und sonniger Tage geben, an denen ich meine mathematischen Erinnerungen vergessen und mich auf die reine Gegenwart besinnen werde. Der wirkliche Trost aber ist ein anderer: Die Vorfreude darauf, wie gut es mir am kürzesten Tag des Jahres gehen wird!

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