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Wunsch und Wirklichkeit

Wunsch und Wirklichkeit

Ein zaghaftes Rauschen war an Tag 1 nach der Bundestagswahl im Blätterwald zu vernehmen – ob sich der noch einige Wochen amtierende Bundestag womöglich doch noch zu einem letzten Kraftakt werde aufraffen können, um eine gesetzliche Regelung zur Sicherstellung von Deutschlands Verteidigungsfähigkeit zu beschließen? Angeblich erwogen insbesondere Vertreter der Unionsparteien eine entsprechende Initiative und seien zu konstruktiven Gesprächen mit den anderen Fraktionen bereit. Man mochte sich verdutzt die Augen reiben angesichts der Inflexibilität aller Fraktionen vor der Wahl; doch dies hätte es in sich: Dem Bundestag auf seine alten Tage echtes politisches Leben einzuhauchen und mit taktischem Geschick die Weichen dafür zu stellen, dass den allemal notwendigen verteidigungspolitischen Maßnahmen künftig nicht die Sperr-Minderheiten im neuen Bundestag entgegenstehen, wäre nichts weniger als die lange vermisste Botschaft an die Menschen in Deutschland: Wir haben verstanden! Wir kümmern uns um Eure Interessen, um Deutschland, und dazu gehört derzeit angesichts der Umstände in der Welt nun einmal zuallererst die Gewährleistung der äußeren Sicherheit. Und im Interesse der Sache halten wir nicht mehr an fraktionsbezogenen Egoismen und rein emotionsgelenkter Politik fest, sondern versuchen uns gemeinsam auf ein Minimum dessen zu einigen, was sachlich geboten erscheint und von der Mehrheit der Abgeordneten einvernehmlich getragen werden kann. Das wäre ein Signal – und der erste Schritt, den Populisten das Wasser abzugraben.

In der Realität wird all dies wohl nur ein Traum bleiben. Ob in der CDU/CSU-Fraktion tatsächlich derartiges überlegt wird, wurde bisher nicht amtlich bestätigt. Die SPD nimmt Merz immer noch sein Vorgehen übel, sich von der AFD unterstützen zu lassen. Die Grünen, soweit sie sich dazu äußern, wollen trotzig nur ein Gesamtpaket beschließen, das auf eine umfassende Reform der Schuldenbremse hinausliefe und das schon zuvor eben gerade nicht mehrheitsfähig war. Das Festklammern in der Schmollecke oder an Wunschvorstellungen zeigt nur, dass diese Politiker das Besondere an der gegebenen Situation nicht begriffen haben: Wegen der Unmöglichkeit, zu einer Gesamtlösung in diesen komplexen Fragen zu kommen, scheiterte letztlich die vormalige Regierungskoalition. Und das soll jetzt, in den allerletzten Wochen der Amtszeit des Bundestags, dann doch wieder auf den Verhandlungstisch? Krasser kann man die Realität nicht verfehlen. So wird es vermutlich nicht gelingen können, in einer gerade jetzt zentralen, für die Zukunft der Bundesrepublik entscheidenden Problemlage pragmatisch zu einer Lösung zu kommen, die zugleich die Handlungsfähigkeit der parlamentarischen Demokratie aufs Trefflichste unter Beweis stellte.

„Zeitenwende“ im Kaleidoskop

„Zeitenwende“ im Kaleidoskop

Drei Jahre sind seit der Übernahme dieses Worts in die Alltagssprache vergangen. In der Realität hat sich jedoch wenig getan. Nun hat der vergangene Sonntag auch so etwas wie eine Zeitenwende in der Realität der Wahlen zum Deutschen Bundestag gebracht.

Es wird Zeit, dies kritisch zu begleiten. Der Journalismus erfüllt diese Aufgabe nur unzureichend. Viel zu oft wird nur mit altbekannten Worthülsen und in hergebrachten Schablonen berichtet und kommentiert. Dem gesellschaftlichen und geopolitischen Wandel, der auch zu einer anderen Sichtweise auf viele Probleme und zu einer anderen journalistischen Aufbereitung führen müsste, wird dadurch nicht Rechnung getragen. Es bedarf zusätzlich anderer Medien, um einen Versuch zu starten, Gedanken zu den Themen unserer Zeit öffentlich zur Debatte zu stellen. Ein Ort dafür soll von nun an auch das Kaleidoskop sein.

27.7.2022

27.7.2022

Nicht nur räumlich-/örtliche Erfahrungen bringen das Gehirn in Wallung, sondern auch gefühlsmäßige Wahrnehmungen. Oder sind diese nur das Resultat der subjektiven Verarbeitung von Wahrnehmungen in der Außenwelt? Das mögen Pilosophen tiefer erörtern. Mir genügt die Wahrnehmung als Ausgangspunkt; und die führt jetzt von der Örtlichkeit in den Bereich der Beurteilung menschlichen Verhaltens.

Um nichts anderes geht es, wenn ich meine Beobachtungen der letzten Wochen resümierend zusammenfasse: Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit nehmen in einem Umfang zu, dass unweigerlich die Frage aufkommt, wie lange es noch dauern wird, bis sich die emotionale Ladung so anstaut, dass es zur Entladung kommen muss. Heute war in der Zeitung zu lesen, dass das in Frankfurt schon seit einigen Wochen gültige Verbot des Grillens in der Öffentlichkeit massenhaft ignoriert wird. Man muss nicht jeden Tag die städtischen Bekanntmachungen im Amtsblatt lesen, um auf die Idee zu kommen, dass das Zündeln auf Grills oder ähnlichen Gerätschaften derzeit gemeingefährlichen Charakter hat. Aber offenbar interessiert das die Menschheit wenig; für viele gilt vielmehr: Hauptsache, ich kann es mir gemütlich machen und meinen heimatlichen Gepflogenheiten (sorry, aber es ist nun mal so – die meisten dieser Griller kommen aus dem süd- bis südöstlichen Raum jenseits des Mittelmeers) auch hier nachgehen, mag die Wiese danach brennen oder nicht. Ein Verhalten, das nicht neu ist; der Grillplatz an der Hadrianstraße ist schon länger „geschlossen“, also entwidmet, was jedoch manche Zeitgenossen stets aufs Neue einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen. In die gleiche Kategorie zählt ein Verhalten, das ich in letzter Zeit gehäuft beobachtet habe: Autos werden in voller Breite auf dem Gehweg (und natürlich bei angeordnetem absoluten Haltverbot) abgestellt, um die Pizza ein Haus weiter abzuliefern. Natürlich stehen in unmittelbarer Umgebung massenhaft legale Abstellplätze zur Verfügung – aber nicht nur, dass dort kein Schatten ist, nein, man müsste vielleicht drei Schritte mehr laufen. Was macht es schon, dass der Eingang zum Grundstück komplett mit Blech verriegelt ist und der Besitzer sich nicht einmal mehr zu Fuß an der Karre vorbeizwängen kann? Hauptsache, das Auto wird nicht zu warm. Gleiches gilt auch für viele Lieferanten und sogar Paketzusteller, wenn diese ihren Job ausüben. Jeder Schritt scheint zuviel zu sein; da wird dann auch mal das enge „Heidenfeld“ oder die „Ringmauer“ blockiert, anstatt drei Meter weiter rückwärts einzuparken. Viel zu viel Aufwand. Jeder denkt an sich, und offenbar immer häufiger nur an sich.

26.6.2022

26.6.2022

Den Weg vom Main in Richtung Kleinmarkthalle sollten hochsensible Zeitgenossen wie ich besser mit Augenbinde zurücklegen, und zwar so lange, bis der Eingang in das Marktgeschehen durchschritten ist. Von der Untermainbrücke geht es zunächst einmal in den von Christoph Mäckler mit hohem theoretischen Anspruch und viel Blabla errichteten neuen Stadtraum auf dem ehemaligen Degussa-Gelände, in dem man angesichts der baulichen Verdichtung den Raum vermisst und eher klaustrophobische Zustände erleiden kann, wenn man nicht schleunigst das Weite sucht. Das ist zwar Richtung Berliner Straße zu finden; dort warten indes die Scheußlichkeiten der Nachkriegszeit. Es muss erstaunen, dass ausgerechnet dieser Teil der City einfach bleibt, während anderenorts viel später errichtete Gebäudemonstren inzwischen schon wieder abgerissen und durch neuere Gebäudemonstren ersetzt worden sind. Wenigstens hat man den alten Rechnungshof stehen lassen und aufgehübscht, ohne dass dadurch freilich eine ästhetische Befriedigung eingetreten wäre. Doch das wirkliche Grauen kommt erst kurz vor dem Ziel des Wegs: Biegt man von der Berliner Straße Richtung Kleinmarkthalle ab, möchte man schnellstmöglich nur die Flucht ergreifen. Es ist unverständlich, aus welchen Gründen vor etwa zwanzig Jahren ein Versuch der damaligen Stadtregierung scheiterte, hier mal Baufakten zu schaffen, die dem Herz der Stadt angemessen gewesen wären. Angeblich stemmte sich der Bürgerwille dagegen. Nun, wenn das, was da jetzt immer noch steht, auch nur im Ansatz schützenswert sein soll, dann muss es als Wunder erscheinen, dass nicht zuletzt wegen desselben Bürgerwillens knapp gegenüber die neue Altstadt entstehen konnte!

Um so erstaunlicher ist freilich der Wandel im Innern. Kaum hat der Marktbesucher die Türen passiert, umschwebt ihn fast südländisches Flair. Es gibt zwar weniger Obst- und Gemüsestände als früher, während dem ersten Anschein nach die Zahl der Fleisch- und Wurstbuden doch eher gleichgeblieben ist. Aber dafür bieten Stände ein reichhaltiges, internationales Angebot, die es vorher in dieser Zahl und Vielfalt nicht gab. Und an den Seiten darf man nun sogar verweilen, an der zur Zeil hin gelegenen sogar im Sitzen, und nicht nur seine „haaß Worscht“, sondern eben auch Espresso, Croissant oder Panini genießen oder andere Köstlichkeiten, wie sie die Welt in fernen Ländern zu bieten hat, und mit dem Tischnachbarn oder der -nachbarin plauschen. Auf der Galerie schlürft man sogar noch Austern. Wow, man muss also wirklich nicht zwingend das südliche und westliche Ausland aufsuchen – ein bisschen Valencia oder Milano haben wir sogar hier!

25.6.2022

25.6.2022

Mal wieder ein Samstags-Spaziergang in der Stadt, am frühen Vormittag, bevor es voll und unerträglich wird. Am Main werden die Anlagen für den morgigen Ironman-Lauf aufgebaut; Belagerungszustand. Das ist ja leider das mittlerweile Typische in der angenehmen Jahreszeit: Um der Event-Sucht ein Austoben zu ermöglichen, wird die Stadt regelmäßig zugestellt und vermüllt. Ich weiß nicht, ob es wirklich Spaß macht, bei hochsommerlichen Temperaturen oder auch mal im Regen den ganzen Tag zu schwimmen, zu radeln und dann abschließend auch noch zu rennen. Ich weiß nur, dass es Brot und Spiele in dieser Weise zuletzt im dekadenten Rom zum Ende seiner Tage hin gab.

Stichwort Dekadenz: Im Stadtraum gibt es auch immer mehr Weinstände. Das schon lange an der Kleinmarkthalle beheimatete Weingut hat sich nun auch auf den Platz davor ausgebreitet, begleitet von einem Konkurrenzstand; am Erzeugermarkt auf der Konstablerwache konnte man sich dagegen schon seit Jahren bereits ab 9 Uhr volllaufen lassen. Ja, schon zu früher Stunde herrscht Betrieb. Auch im Nordwestzentrum weit draußen. Es sitzen bzw. stehen die immer gleichen, eher angegrauten Herr- und Damenschaften (oder ist es politisch korrekter, hier von Frauenschaften zu sprechen?) am Tresen oder auf den provisorisch-unästhetischen Bänken vor gefüllten Gläsern, und das vermutlich den lieben langen Tag. Ach ja, man ist ja so gesellig. Was geht’s uns doch gut… Komisch nur, dass in den angestammten Weinländern dergleichen eher nicht zu beobachten ist, obwohl man den dort lebenden Menschen unterstellt, das Savoir-vivre gepachtet zu haben. Sicher, da trinkt man auch zum Lunch seinen kleinen Roten, und tatsächlich manch einer auch schon kurz nach dem Frühstück im Bistro. Aber doch nicht ganztags unter freiem Himmel, auch wenn das Wetter da noch viel dauerhafter schön ist als in Frankfurt!

23.6.2022

23.6.2022

Die Nachbarschaft gibt es allerdings auch in einem größeren Rahmen; auch das war hier zuweilen schon Gegenstand gedanklichen Schweifens, zum Beispiel unter dem Aspekt des nachbarschaftlichen Miteinanders und womöglich übergreifender gemeinschaftlicher Maßnahmen – ich meine die Planung eines neuen Stadtteils im Frankfurter Nordwesten, der ja „die Nachbarschaft“ sehr kritisch gegenübersteht. Nachbarschaft erfordert aber gegenseitige Rücksichtnahme, und das kann im Erfolgsfall auch dazu führen, ein Projekt gemeinschaftlich zu verwirklichen und im besten Sinn dem Gemeinwohl zu dienen. Und das sollte ja vor allem der Zweck kommunalpolitischen Handelns sein. Was den Nordwesten angeht – hier kann von Erfolg keine Rede sein; hier bleibt man beim Keule-Schwingen mit dem Effekt, dass nichts Gescheites passiert.

Heute nun berichtet die Presse über ähnliche Vorgänge im Nordosten. Die Verantwortlichen im Bad Vilbeler Magistrat lehnen den von der Stadt Frankfurt vor 2 Jahren vorgeschlagenen Bau einer Straßenbahnverbindung zwischen beiden Städten ab. Ja, da müssten tatsächlich Kreisel umgebaut, auch einige Bäume gefällt und Änderungen im Straßenbild vorgenommen werden. Aber, mit Verlaub: Sind im Rund angeordnete Blumenrabatten so viel wichtiger als eine möglichst umweltschonende Verkehrsverbindung, die vor allem jenen Bewohnern der Stadt Bad Vilbel zugute käme, die im Zuge der massiv von der Stadt betriebenen Bautätigkeit auf freiem Feld bis hin nach Dortelweil als einkommensteuerpflichtige Bürger hinzugewonnen werden konnten, denen die Stadt aber keine Arbeitsplätze bietet? Die sind nun mal auf gute Verbindungen nach Frankfurt angewiesen, abgesehen von den übrigen Bürgern, die nicht nur mit der S-Bahn oder einem stickigen Bus fahren möchten. S-Bahn und Straßenbahn befriedigen unterschiedliche Bedürfnisse, das ist allgemein anerkannt, und fast allerorten (von Wiesbaden abgesehen, auch einer vermeintlichen Kurstadt – müssen die immer aus der Reihe tanzen?) wird der Straßenbahn wieder mehr Bedeutung zugemessen. Hier aber versagt mal wieder die Politiker-Generation, die heute leider in vielen Institutionen das Sagen hat und die sich eben nicht am Gemeinwohl, sondern nur am Eigennutz orientiert. Immerhin: Die Stadt Frankfurt soll in Gesprächen gebeten werden, die Diesel-Busse durch andere zu ersetzen. Mitnichten geht es hier um Umweltschutz. Das ist der untaugliche Versuch, vorzugaukeln, man betreibe sachlich orientierte Politik. Eigene Beiträge rundweg ausschließen, aber Forderungen an andere richten – Hauptsache, man selbst muss nix tun und man muss schon gar nichts zahlen.

15.6.2022

15.6.2022

Das Leben findet nicht nur bei sich statt. Es gibt auch noch eine Nachbarschaft. Das kann gut, neutral oder schlecht sein. Auf jeden Fall: Es gibt keine Isolation. Man ist den Wechselwirkungen ausgesetzt, die von außen kommen. Die Frage ist: Sende ich auch solche nach außen? Schwerlich vorzustellen. Solange ich nicht Klavier spiele, Gesangsübungen mache (lange her…) oder den Rasen mähe, bleibt meinen Nachbarn mein Tun verborgen.

Anders herum empfinde ich es eindeutig stärker. Seit etwa die Tankstelle um die Ecke geschlossen ist, ohne dass – wie erst befürchtet – sofort Abriss- und Bauarbeiten auf dem Grundstück begonnen hätten, wird so richtig deutlich, welcher Lärm zuvor von ihr und der auf ihrem Gelände betriebenen Auto-Waschanlage ausging. Ruhe ist eingekehrt, und diese Ruhe ist einfach himmlisch. Besonders morgens ist es so still, das man meinen möchte, auf einem Dorf zu leben, hört man doch wirklich nur das leichte Rauschen der Blätter im Wind und die Morgengesänge der Vögel. Das ändert sich freilich schlagartig, wenn die benachbarte – ja, auch eine Entfernung von 200 m Luftlinie ohne Blockade durch Gebäude schließt die Qualifikation als „Nachbarschaft“ keineswegs aus! – Kindertagesstätte eines sozialpädagogischen Vereins ihre Türen, vor allem aber diejenigen zu ihrem Garten öffnet, und der Gartenbereich wird auf ihrer Website als ein Qualitätsmerkmal angepriesen mit der Folge, dass die Kinder den Tag tatsächlich weitgehend draußen verbringen. Der Wegfall des Tankstellenlärms wird dadurch aufgezehrt, dass nun das Gequieke und Geschrei der Kinder den ganzen Tag über – ausgenommen die Mittagspause – alle diejenigen erfreut, die sich in ihrem nahegelegenen Garten dem Sonnenbad hingeben. Es ist klar, dass es in Kinderbetreuungseinrichtungen etwas lauter zugeht und Kinder auch mal toben dürfen. „Betreuung“ bedeutet aber auch, dass Grenzen gesetzt und soziale Rücksichtnahme gelehrt werden, weil auch Kinder nicht einfach nur (und vor allem permanent) ihren Impulsen überlassen werden dürfen. Wenn in meiner Kindheit das tatsächliche Maß der „Betreuung“ über das Ziel hinausschoss, hier – und noch vielerorts – wird es leider definitiv unterschritten.

12.5.2022

12.5.2022

Baustellen – ein Markenzeichen dieser Stadt – haben auch etwas Gutes, vor allem, wenn sie verschwinden. Eine verschwundene Baustelle verhinderte in den vergangenen Wochen das Durchkommen von der Hügelstraße über die Raimundstraße zum Marbachweg. Die Fahrbahndecke wurde erneuert, und heute konnte ich erstmals auf der neu aufgebrachten, fast schwarzen Teerdecke mit dem Rad in die Stadt fahren und erstaunlichen Komfort genießen. Nein, das ständige Geholpere mit Vorder- und Hinterrad wegen Unebenheiten des alten Straßenbelags erfreute nicht wirklich. Umso schöner, dass das nun vorbei ist?

Ungetrübt war das Fahrvergnügen freilich nicht. Die Straße wurde – vermutlich aus finanziellen Gründen – nur einer sparsamen Renovierung unterzogen: Es wurde nicht etwa von Grund auf auch das Fundament erneuert, sondern der neue Belag wurde einfach auf den alten draufgelegt. Und da kommen die unzähligen Anschlüsse an Kanalisation und Wasserversorgung zur für den Radfahrer unangenehmen Entfaltung. Alle paar Meter finden sich – vorzugsweise in dem für die Radfahrer markierten Bereich – kreisrunde kleinere und größere Vertiefungen im Asphalt, die Schlaglochcharakter haben und bei hoher Geschwindigkeit gefährlich werden können, wenn man versuchte, mittig über sie hinwegzufahren, ganz abgesehen von den Schäden für Reifen und Gestänge. Man ist schon gezwungen, um sie herumzufahren, um Schlimmeres zu vermeiden! Die Verantwortlichen scheinen dies erkannt zu haben, denn die Vertiefungen wurden jeweils an den Rändern sanft abgeschliffen, damit der Fall nicht so abrupt ist. Aber der Höhenunterschied ist schon deutlich. Wieder mal nur eine halbe Sache…

8.5.2022

8.5.2022

Es ist Wochenende; die Sonne strahlt vom Himmel – Ausflugswetter pur, und außerdem lockt das Waldstadion zum letzten Heimspiel der Bundesliga-Saison. Alle konnten es ahnen, nur der VGF ist es aus irgendeinem nicht nachvollziehbaren Grund verborgen geblieben. Die U-Bahn ist brechend voll: Kinderwagen en masse, weil es Familien aus mir nicht einsichtigen Gründen in die Innenstadt zieht; Fahrräder in gleicher Weise und natürlich die schwarz-weiß gekleideten Fangruppen.

Das Ganze ist ein Ärgernis, hat aber Tradition. Mit Liebe zur Historie pflegen die für den Fahrbetrieb Verantwortlichen die Kleinstadtidylle aus lange vergangener Zeit, als es nur Straßenbahnen im bestenfalls Viertelstunden-Takt gab. Da wurden – und so geschieht es auch heute täglich aufs Neue – zum Ausklang des sogenannten Berufsverkehrs die Abstandszeiten zwischen den Bahnen gedehnt und Züge gekürzt, indem Wagen abgehängt wurden. Und am Wochenende konnte man von Glück sagen, wenn die Bahnen nicht nur alle Stunde fuhren. Es erschließt sich mir nicht, aus welchen Gründen die VGF an diesem Schwachsinn festhält und auch an Tagen wie diesen weder „normale“ Taktzeiten pflegt noch wenigstens Züge in „normaler“ Länge fahren lässt. Die Knauserigkeit feiert Urständ; es muss augenscheinlich Mangel geschaffen werden, damit die Leute nicht etwa auf die Idee kommen, Fahrten mit der U-Bahn seien etwas Angenehmes. Machen nur volle Züge, in denen die meisten stehen müssen, das VGF-Feeling aus?? Den gesellschaftlichen Wandel ignoriert dieses Unternehmen ebenso wie den Bedeutungswandel, den der öffentliche Nahverkehr erfahren hat: Man fährt eben nicht mehr nur zur Arbeit mit der Bahn. Anstatt sich darüber zu freuen und den Passagieren durch adäquate Anpassung des Angebots zu danken, wird einem mit dem typischen Frankfurter „Ätsch!“ die Freude am Fahren verleidet. Ach ja – und da war doch noch was – Covid-19 – Abstandsregeln… alles Schnee von gestern?

2.5.2022

2.5.2022

Nicht um einen Zielkonflikt, sondern um einen schlichten Konflikt handelt es sich, wenn man die Entscheidungsfreiheit hat, ob eine Postfiliale aufgesucht werden soll. Ich versuche das möglichst zu vermeiden, was schon deshalb recht einfach erscheinen mag, weil viele Postleistungen mittlerweile online abgerufen werden können, vor allem aber, weil es eigentlich gar keine Postfilialen mehr gibt. Ja, gelegentlich stellt sich die Frage, ob es überhaupt noch eine Post gibt – insbesondere angesichts einer zunehmenden Zahl von Tagen, an denen der Briefkasten leerbleibt, während er dann an Folgetagen auch schon mal überquillt, weil sich der Zusteller endlich mal wieder aufgerafft hat, seiner Arbeit nachzugehen. Zu finden sind noch jede Menge „DHL-Shops“, an die die Post ihre Arbeit abgedrückt hat und in denen allerdings nicht nur Pakete, sondern auch Briefsendungen aufgegeben und Briefmarken erstanden werden können, also doch klassische Postdienstleistungen, für die es eben früher das Postamt gab. Außerdem kann man der Postbank in einer ihrer wenigen Filialen einen Besuch abstatten, weil auch diese sich eher als Gemischtwarenladen darbieten und im Auftrag der Deutschen Post – die gibt es tatsächlich noch – ebenfalls solche Leistungen anbietet. Aber halt – die ehemals quasi-hoheitlichen Handreichungen, wie zum Beispiel die Bestätigung der Authentizität meiner Unterschrift unter ein offizielles Schreiben, die gibt es nicht im DHL-Shop; dazu muss man tatsächlich zur Postbank. Und in einem solchen Fall ersetzt den Konflikt die Katastrophe.

Nicht nur, aber insbesondere für den Besuch der Postbank im Nordwestzentrum muss man vorsichtshalber nicht nur einen ganzen Tag reservieren; man sollte auch einen Tag wählen, an dem man nicht mit dem linken Fuß aufgestanden ist und auch sonst über ein sonniges Gemüt verfügt. Täglich grüßt die Schlange der zahlreichen Wartenden schon weit vor dem Eingang zur Hölle. Hat man diesen passiert, heißt das noch lange nicht, dass das Ende des Wartens absehbar sei. Die Postbank hat sich eines Vorbilds aus dem letzten Jahrhunderts besonnen und ahmt mit Erfolg den realsozialistischen Alltag im Osten Deutschlands nach. Ein Wunder, dass Arbeitsabläufe im modernen und so effizienten Deutschland tatsächlich noch so gestaltet werden können, dass ein Aufenthalt vor dem Schalter als schmerzensgeldpflichtig qualifiziert werden muss. Heute waren tatsächlich deren zwei geöffnet – aber nur kurz, bevor dann eine Schalterangestellte den Laden dichtmachte und eine Viertelstunde Daten in den PC eingab, ohne die wartende Meute auch nur eines Blickes zu würdigen. Kunden? Das kann ja wohl nicht wahr sein. Dateneingabe geht vor. Derweil mühte sich der zweite Schalterbedienstete, einer hoch in den Achtzigern stehenden Dame eine Kontoeröffnung und die Funktionsweise einer PIN für die Girocard näherzubringen. Das war auch nach den 45 Minuten meiner Wartezeit noch im Gange, so dass ich nicht beurteilen kann, ob der Vorgang erfolgreich zu Ende gebracht werden konnte. 45 Minuten für eine Bestätigung einer Unterschrift. Portugiesische Fahrkartenschalter sind dagegen Expressabfertigungen.